Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 69
Die Abtretung der Vergütungsforderung an einen nicht als Rechtsanwalt zugelassenen Dritten ist für den Anwalt sinnvoll, wenn er seinen Anspruch nicht selbst eintreiben möchte, etwa weil er als Gläubiger nicht persönlich in Erscheinung treten möchte oder weil er den mit der Beitreibung verbundenen Arbeits- und Kostenaufwand scheut. Zudem kann sich der Anwalt mit dem Forderungsverkauf kurzfristige Liquidität verschaffen.
Rz. 70
Gem. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist die Abtretung oder Übertragung des anwaltlichen Vergütungsanspruchs an einen Dritten zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Die Übertragung zur Einziehung erlaubt auch das sog. Factoring. Unter § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO fällt aber nicht die Kreditkartenzahlung durch den Mandanten oder die Einziehung von Telefonkosten, die durch eine Beratungshotline entstanden sind. Der Rechtsanwalt kann das Billigkeitsermessen zur Bestimmung einer Rahmengebühr (§ 14) grds. nicht auf einen Dritten delegieren.
Rz. 71
Das Einwilligungserfordernis dient nicht dazu, den Vergütungsschuldner vor einem neuen Gläubiger zu schützen. Es soll nur die dem Anwalt gegenüber seinem Mandanten obliegende anwaltliche Verschwiegenheitspflicht abgesichert werden. Die Einwilligung ist ausdrücklich und schriftlich zu erklären. Insbesondere die elektronische Form (§ 126a BGB) reicht deshalb nicht aus. Die Einwilligungserklärung des Mandanten muss zum Zeitpunkt der Abtretung des Vergütungsanspruchs vorliegen. Denn unter der Einwilligung ist entsprechend § 183 BGB die vorherige Zustimmung zu verstehen. Bei gegen die Staatskasse gerichteten Vergütungsansprüchen ist eine ausdrückliche Einwilligung in die Abtretung der Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse erforderlich.
Nach h.M. kann die Abtretung in Allgemeinen Geschäfts- oder Vertragsbedingungen und in der Vollmacht erfolgen, vgl. im Gegensatz dazu für die Vergütungsvereinbarung § 3a Abs. 1 S. 2 (ausdrückliches Trennungsgebot).
Rz. 72
§ 49b Abs. 4 S. 3 BRAO statuiert für den Anwalt eine Aufklärungspflicht. Er muss seinen Mandanten vor Abgabe der Einwilligungserklärung über seine Informationspflichten nach § 402 BGB unterrichten. Der Mandant muss darüber informiert werden, dass der beauftragte Anwalt gem. § 402 BGB gesetzlich bzw. vertraglich verpflichtet ist, dem neuen Gläubiger oder dem Einziehungsermächtigten Informationen zu erteilen und Unterlagen auszuhändigen, die dieser benötigt, um die Forderung geltend zu machen. Die Geschäftsmodelle der anwaltlichen Verrechnungsstellen sind durch den zum 18.12.2007 eingeführten § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO legalisiert worden; zuvor waren sie berufsrechtswidrig und führten gem. § 134 BGB i.V.m. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO zu einer zivilrechtlichen Nichtigkeit der Abtretung des anwaltlichen Vergütungsanspruchs. Eine Marktverhaltensregel i.S.d. UWG stellt § 49b Abs. 4 BRAO nicht dar, weshalb aus der Verletzung dieser Vorschrift kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG hergeleitet werden kann.
Rz. 73
Ist die Aufklärung vollständig unterblieben oder ist sie falsch bzw. unvollständig geblieben, bleibt die Wirksamkeit der Abtretung davon unberührt. Denn die Aufklärung stellt lediglich ein berufsrechtliches Zulässigkeitserfordernis, jedoch keine zivilrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung dar. Verstößt der Anwalt gegen die Aufklärungspflicht, kann dies allerdings berufsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Rz. 74
Eine von der Versicherungswirtschaft angebotene Honorarausfallversicherung stellt jedenfalls dann keinen Verstoß gegen § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO dar, wenn die Abtretung der anwaltlichen Vergütungsforderung durch die Aushändigung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels an die Versicherung nach fruchtloser Zwangsvollstreckung ersetzt wird. Ebenfalls kein Anwendungsfall des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist die Zahlung der anwaltlichen Vergütung qua Kreditkarte.