RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 3104
Leitsatz
Eine Terminsgebühr kann nur in einem solchen Verfahren anfallen, in dem eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder ausnahmsweise anberaumt wurde. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Terminsgebühr auf Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO, die in der Regel ohne mündliche Verhandlung durchgeführt werden, war vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt.
OVG Bautzen, Beschl. v. 12.2.2010–3 E 15/09
Aus den Gründen
Das VG hat im Hinblick auf die vom Antragsteller gerügte Versagung der Festsetzung einer Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV sowie der Vorbem. 3 Abs. 3 VV zu Recht darauf abgehoben, dass diese Gebühr nur in solchen Verfahren anfallen kann, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder ausnahmsweise anberaumt wurde. Unter Bezugnahme auf eine nicht näher angegebene Entscheidung des VGH Baden-Württemberg hat es hierzu ausgeführt, dass mit der Neuordnung des anwaltlichen Gebührenrechts im Jahr 2004 die Terminsgebühr auch auf die Mitwirkung an Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts erstreckt worden sei, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet seien. Aufgrund des mit der Rechtsänderung verfolgten Zwecks sowie aus dem systematischen Zusammenhang mit den übrigen Fällen sollten zwar solche Einigungsversuche auch ohne Zutun des Gerichts honoriert, aber nur mit den Bemühungen um außergerichtliche Einigung in Fällen der streitigen Erörterung vor Gericht gleichgesetzt werden. Dies setze voraus, dass es sich um Verfahren handele, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben bzw. ausnahmsweise anberaumt worden sei.
Die hiergegen vorgetragenen Hinweise des Antragstellers sind nicht geeignet, diese Auslegung in Frage zu stellen. Sie ergibt sich bereits aus der Bezeichnung der Gebühr in der vorgenannten Vorbemerkung als "Terminsgebühr" und aus der Tatsache, dass die Vorbem. in Teil 3 VV enthalten ist, der die Gebühren für die Vertretung im gerichtlichen Verfahren bestimmt. Eine Ausweitung der Gebühr auf Beschlussverfahren, die in der Regel ohne mündliche Verhandlung durchgeführt werden (hier § 101 Abs. 3 VwGO), war hingegen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt; damit kann im vorliegenden Fall keine Terminsgebühr anfallen (BGH, Beschl. v. 1.2.2007, NJW 2007, 1461 [= AGS 2007, 298]; Beschl. v. 15.3.2007, NJW 2007, 2644 [= AGS 2007, 397]).
Anmerkung
Interessant ist, woher Gerichte immer wissen, was der Gesetzgeber gewollt hat. Hier liegt das OVG mit seiner Mutmaßung gründlich daneben.
Auch wenn es verwundert: Der Gesetzgeber hat die Regelungen zur Terminsgebühr tatsächlich so gemeint, wie er sie auch im RVG niedergelegt hat.
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV kann die Terminsgebühr durch Besprechungen mit dem Gegner ausgelöst werden. Eine Einschränkung dahingehend, dass es sich um ein Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung handeln müsse, findet sich hier nicht. Das zeigt sich schon daran, dass zu diesem Zeitpunkt ein Verfahren ja noch nicht einmal anhängig sein muss!
Diese Einschränkung, dass es sich um ein Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung handeln müsse, findet sich nur in den Fällen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV (Entscheidung im schriftlichen Verfahren, durch Gerichtsbescheid, schriftlichen Vergleich etc.).
Der Gesetzgeber wollte nicht nur in Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung einen Anreiz dafür schaffen, dass die Verfahrensbevollmächtigten außergerichtlich Verhandlungen aufnehmen, um eine Erledigung des Verfahrens zu erzielen und dem Gericht damit Arbeit zu ersparen, und zwar unabhängig davon, ob im Verfahren selbst eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht. Ziel ist es in beiden Fällen, die Gerichte zu entlasten.
Glücklicherweise gibt es auch Gerichte, die das zutreffend erkannt haben.