FamFG §§ 114 ZPO, 51 Abs. 3, 214, 76; GewSchG § 3

Leitsatz

Ein Hauptsacheantrag im Gewaltschutzverfahren ist in der Regel mutwillig i.S.v. § 114 ZPO, wenn er zeit- und inhaltsgleich mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt wird.

OLG Celle, Beschl. v. 10.5.2010–10 WF 147/10

Sachverhalt

Die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat am 4.3.2010 mit zwei gleichlautenden Schriftsätzen einen Antrag nach dem GewSchG gestellt sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem GewSchG beantragt, jeweils unter Bezugnahme auf die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin und i.V.m. einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe. Das FamG erließ mit Beschl. v. 5.3.2010 ohne Anhörung des Antragsgegners eine auf sechs Monate befristete einstweilige Anordnung. Mit Beschl. v. 9.3.2010 versagte es der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren und führte zur Begründung aus, dass die Rechtsverfolgung mutwillig sei, da eine nicht arme Partei abwarten würde, ob der angestrebte Erfolg nicht bereits durch das einstweilige Anordnungsverfahren dauerhaft erreicht werden kann.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Zu deren Begründung führt die Antragstellerin aus, dass sie ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Hauptsacheantrag habe, da die einstweilige Anordnung nur einen vorläufigen Schutz nach summarischer Entscheidung biete und entsprechend zu befristen sei. Ihr müsse daher für den Fall, dass das Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht für geboten halte, die Möglichkeit offenstehen, ein Hauptsacheverfahren zu betreiben.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen

Das AG hat mit zutreffenden Gründen die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe versagt.

Denn die Rechtsverfolgung der Antragstellerin ist zumindest zur Zeit mutwillig, da ein nicht prozesskostenbedürftiger Beteiligter abwarten würde, ob das Verfahrensziel nicht schon durch die kostengünstigere einstweilige Anordnung erreicht werden kann.

Mit Inkrafttreten des FamFG ist das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 51 Abs. 3 FamFG im Gegensatz zur früheren Rechtslage als selbstständiges Verfahren ausgestaltet und nicht wie zuvor von der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens abhängig. Ein Verfahrenskostenhilfe begehrender Beteiligter braucht nun nicht mehr zwei Verfahren nebeneinander zu betreiben, sondern hat im Gegenteil abzuwägen, welche Verfahrensart er wählt, um sein Rechtsschutzziel möglichst kostengünstig zu erreichen. Aufgrund des von der Antragstellerin dargelegten dringenden Bedürfnisses für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist diese antragsgemäß ergangen und ihr insoweit Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Es ist angesichts der in § 1 Abs. 1 S. 2 GewSchG auch für die Hauptsache vorgesehener Befristung und der grundsätzlich in beiden Verfahren möglichen Verlängerung nicht erkennbar, dass die Antragstellerin mit dem auf den gleichen materiellen Rechtsschutz ausgerichteten und hier sogar wortgleich formulierten und begründeten Hauptsacheantrag einen weitergehenden Rechtsschutz erreichen könnte. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass das einstweilige Anordnungsverfahren anders als das Hauptsacheverfahren lediglich als summarisches Verfahren ausgestaltet ist, da derzeit nicht erkennbar ist, dass die Antragstellerin auf die weitergehenden Erkenntnismöglichkeiten des Hauptsacheverfahrens angewiesen wäre, um ihr Rechtsschutzziel zu erreichen. Es ist zwar durchaus denkbar, dass das Verhalten des Antragsgegners noch Anlass bietet, ein Hauptsacheverfahren durchzuführen. Diese Entwicklungsmöglichkeit bleibt jedoch abzuwarten und ändert nicht die Bewertung, dass jedenfalls bei zeit- und inhaltsgleicher Antragstellung im einstweiligen Anordnungs- und im Hauptsacheverfahren letztere zunächst als mutwillig i.S.v. § 114 ZPO anzusehen ist.

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