RVG § 11; ZPO § 122
Leitsatz
- Ist die anwaltliche Beiordnung im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts erfolgt, kann der Anwalt die Erstattung von Reisekosten vom Sitz seiner Kanzlei zum Ort des Prozessgerichts nicht erstattet erhalten. In der stillschweigenden Hinnahme der beschränkten Beiordnung ist ein Verzicht auf Reisekostenerstattung zu sehen.
- Der beigeordnete Rechtsanwalt kann gegen die eigene Partei keine Ansprüche geltend machen, soweit gebührenauslösende Tatbestände nach der Beiordnung verwirklicht worden sind.
- Hat sich der Auftraggeber trotz beschränkter Beiordnung seines auswärtigen Rechtsanwalts damit einverstanden erklärt, die nicht durch die Staatskasse zu erstattenden Kosten zu tragen, kann keine Vergütungsfestsetzung erfolgen. Der Rechtsanwalt muss einen hieraus resultierenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch vielmehr vor den ordentlichen Gerichten geltend machen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.8.2009–6 W 13/09
Sachverhalt
Die Antragstellerin ist dem Antragsgegner im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigte zu den Bedingungen einer ortsansässigen Prozessbevollmächtigten beigeordnet worden.
Nach Abschluss des Verfahrens hat sie die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG gegen ihren Mandanten eingeleitet. Dabei hat sie beantragt, die von der Landeskasse nicht übernommenen Reisekosten festzusetzen. Das LG hat den Vergütungsfestsetzungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Forderungssperre bei bewilligter Prozesskostenhilfe (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) erfasse auch Reisekosten, die infolge der Beschränkung der Beiordnung aus der Staatskasse nicht zu erstatten seien.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, der das LG nicht abgeholfen hat, hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Wie das LG zutreffend entschieden hat, ist die Antragstellerin, die dem Antragsgegner zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes beigeordnet worden ist, gehindert außerhalb des Prozesskostenhilfeverfahrens gegen ihren Mandanten Reisekosten geltend zu machen.
1. Die anwaltliche Beiordnung ist im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes erfolgt. Daraus folgt, dass der Anwalt die Erstattung von Reisekosten vom Sitz seiner Kanzlei zum Ort des Prozessgerichts nicht erstattet erhalten kann. Die im Prozesskostenhilfebeschluss ausgesprochene Beschränkung hat sowohl die Partei (Antragsgegner) als auch die beigeordnete Rechtsanwältin (Antragstellerin) hingenommen. Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass die Antragstellerin mit dieser Beschränkung einverstanden war, andernfalls hätte sie ein Rechtsmittel eingelegt. Zu diesem wäre sie analog §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG berechtigt gewesen (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 127 Rn 19).
Bereits aus diesem Grunde ist die Antragstellerin nunmehr gehindert, außerhalb des Prozesskostenhilfeverfahrens Reisekosten gegen ihren Mandanten geltend zu machen.
2. Selbst wenn man nicht davon ausgehen wollte, dass in der stillschweigenden Hinnahme der beschränkten Beiordnung ein Verzicht auf Reisekostenerstattung zu sehen ist, könnte dem Vergütungsfestsetzungsantrag der Antragstellerin nicht entsprochen werden. Nach Beiordnung im Prozesskostenhilfeverfahren ist der Rechtsanwalt nicht berechtigt, Ansprüche gegen seine Partei geltend zu machen (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Diese Forderungssperre gegenüber dem Mandanten gilt für alle nach der Beiordnung verwirklichten gebührenauslösenden Tatbestände. Von der Bewilligung ausgeschlossene Reisekosten darf der beigeordnete Rechtsanwalt nicht fordern. Auch wenn er nicht im Bezirk des Prozessgerichtes niedergelassen und mit der Einschränkung beigeordnet worden ist, dass durch die fehlende Niederlassung keine weiteren Kosten entstehen dürfen, darf er von Mandanten selbst keine Reisekosten erstattet verlangen (Zöller/Philippi, a.a.O., § 122 Rn 11).
3. Sollte trotz beschränkter Beiordnung im Prozesskostenhilfeverfahren der Antragsgegner die Vertretung durch die "auswärtige" Antragstellerin gewünscht haben, sich also mit der Tragung der nicht durch die Staatskasse zu erstattenden Kosten einverstanden erklärt haben, kommt eine Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG nicht in Betracht.
Die Antragstellerin wäre vielmehr gehalten, diesen letztlich aus Vertrag resultierenden Kostenerstattungsanspruch gegen ihre Partei als materiell-rechtlichen Anspruch vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
Anmerkung
Das Gericht verkennt, dass die Forderungssperre des § 122 ZPO nur insoweit gilt, als der Rechtsanwalt auch beigeordnet worden ist. So ist es einhellige Auffassung, dass im Falle einer teilweisen Prozesskostenhilfebewilligung der Anwalt nicht gehindert ist, den Mandanten auf seine Vergütung hinsichtlich derjenigen Gegenstände in Anspruch zu nehmen, für die keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
Wird die Prozesskostenhilfe dahingehend eingeschränkt, dass die Reisekosten nicht aus der Landeskasse gezahlt werden, besteht also gegen die Landes...