BGB § 280
Leitsatz
- Ein Rechtsanwalt kann gegenbeweislich gegen die Zeugenaussage des Lebensgefährten einer Mandantin, der bei den Beratungsgesprächen zugegen war, über die Frage der Aufklärung hinsichtlich der Kostenpflichtigkeit von anwaltlichen Dienstleistungen nicht die Parteivernehmung seiner eigenen Person beantragen, was auch nicht von Amts wegen geboten ist. Denn der Rechtsanwalt ist nicht aufgrund unglücklicher Umstände in Beweisnot geraten, sondern hätte diese vermeiden können, indem er sich die von ihm behauptete Aufklärung über die Gebührenpflichtigkeit von der Beklagten vor seinem Tätigwerden quittieren ließ.
- Die Mandantin, die vom Rechtsanwalt nicht über die Gebührenpflichtigkeit der Einholung von Deckungsschutz bei der Rechtsschutzversicherung aufgeklärt wurde, braucht die Anwaltsrechnung für die Einholung von Deckungsschutz nicht zu begleichen, wenn davon auszugehen ist, dass sie den Rechtsanwalt bei Kenntnis der Kostenpflichtigkeit dieser Deckungszusage hiermit nicht beauftragt hätte.
AG Brühl, Urt. v. 14.10.2010 – 28 C 539/09
1 Sachverhalt
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Anwaltshonorar in Anspruch. Im Juli 2009 suchte die Beklagte den Kläger zwecks Beratung in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit auf, nachdem sie durch einen Werbeflyer auf seine Kanzlei aufmerksam geworden war. Unter dem 5.8.2009 rechnete der Kläger eine Erstberatung mit 226,10 EUR brutto ab. Noch im August 2009 suchte die Beklagte den Kläger erneut auf und beauftragte ihn mit der Einholung einer Deckungszusage dem Rechtsschutzversicherer bezüglich der arbeitsrechtlichen Angelegenheit. Unter dem 10.8.2009 beantragte der Kläger gegenüber dem Rechtsschutzversicherer die Deckungszusage. Gleichzeitig teilte er der Beklagten mit, dass sich die Höhe der Anwaltsrechnung aus dem Streitwert errechne. Daraufhin erklärte die Beklagte am 28.8. die Kündigung des Mandats. Unter dem 1.9.2009 rechnete der Kläger seine Tätigkeit gegenüber dem Rechtsschutzversicherer mit 402,81 EUR ab. Auf die Erstberatungsrechnung zahlte die Beklagte ihren Selbstbehalt von 150,00 EUR.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Begleichung des Restbetrages aus der Erstberatungsrechnung verpflichtet bzw. verpflichtet gewesen. Wegen seines Vortrags wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine umfangreichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Er hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 478,91 EUR zu zahlen. Nachdem der Rechtsschutzversicherer nach Rechtshängigkeit 76,10 EUR gezahlt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Kläger beantragt nunmehr noch, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 402,81 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen und hilfswiderklagend, für den Fall des Obsiegens, den Kläger hilfsweise für den Fall, dass die Prozessaufrechnung der Beklagten nicht oder nicht in voller Höhe zum Tragen kommt, zu verurteilen, an sie 150,00 EUR zu zahlen. Sie behauptet, der Beklagte habe sie davor gewarnt, die Deckungsanfrage selbst einzureichen, weshalb sie ihm den Auftrag hierzu erteilt habe. Allerdings habe er sie nicht darüber aufgeklärt, dass dies zusätzliche Kosten verursache.
Die Klage hatte nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen X teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die verbleibende Klage ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Bezahlung der Rechnung vom 1.9.2009 i.H.v. 402,81 EUR. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte den Kläger insoweit beauftragte, und der Kläger für die Beklagte die dort abgerechnete Leistung erbrachte. Jedoch kann der Kläger hierfür kein Honorar beanspruchen, da er die Beklagte vor Erteilung dieses Auftrages nicht auf dessen Gebührenpflichtigkeit hingewiesen und damit i.S.d. § 280 BGB gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hat. Dass er die Beklagte nicht aufklärte, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Zeuge X hat insoweit sehr detailliert zu den zum Kläger aufgenommenen Kontakten ausgesagt. Insbesondere hat er bekundet, dass der Kläger vor dem ersten Termin im Hinblick auf den Werbeflyer zur Kostenfreiheit des Erstkontaktes befragt worden sei. Der Kläger habe gesagt, dass die Kostenfreiheit sich auf die Prüfung beziehe, ob er das Mandat übernehme oder nicht. Daraufhin habe man mit ihm den ersten Termin vereinbart. Über Kosten der klägerischen Tätigkeit sei überhaupt nicht gesprochen worden. Irgendwann habe der Kläger gefragt, ob die Beklagte rechtsschutzversichert sei. Eine Beauftragung des Klägers im Verlauf des ersten Termins sei nicht erfolgt. Der Kläger habe noch zweimal angerufen und nach dem Sachstand und dem Vorliegen der Versicherungsunterlagen gefragt. Er habe davon abgeraten, die Deckungsanfrage selbst durchzuführen. Infolgedessen sei die Beklagte derart beeinflusst gewesen, dass sie geglaubt habe, die Deckungsanfrage nicht machen zu sollen. Als der Kläger dann die Rechnung über die Erstbe...