ZPO §§ 91, 103 ff., 118 Abs. 1 S. 4, 269 Abs. 3 S. 3
Leitsatz
- Bei der Rücknahme der beabsichtigten Klage im Prozesskostenhilfeverfahren bleibt es ungeachtet des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bei dem Ausschluss der Kostenerstattung.
- Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer zu Lasten des PKH-Antragstellers ergangenen Kostengrundentscheidung ist dem Beschwerdeverfahren gem. § 269 Abs. 5 ZPO vorbehalten und kann nicht auf den Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abgewälzt werden.
- Dieser hat aufgrund eigener Prüfungskompetenz gem. § 21 Nr. 1 RpflG i.V.m. §§ 103 ff. ZPO festzustellen, welche Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 ZPO für den Fall der Klagezustellung erstattungsfähig gewesen wären. Hierzu zählen nicht die im Prozesskostenhilfe-Bewilligungsverfahren dem Gegner entstandenen Kosten (§ 118 Abs. 1 S. 4 ZPO), sodass der richterliche Kostenbeschluss inhaltlich ins Leere geht.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.9.2009 – 8 WF 155/09
1 Sachverhalt
Am 30.7.2007 reichte der Antragsteller einen Antrag auf Ehescheidung ein und beantragte gleichzeitig, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. In der Begründung des PKH-Antrags ist die Rede vom "beabsichtigten Rechtsstreit" und der "beabsichtigten Rechtsverteidigung" – (gemeint ist wohl: "Rechtsverfolgung").
Der Schriftsatz wurde formlos an die Antragsgegnerin zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zu dem Prozesskostenhilfeantrag übersandt. Hierauf legitimierte sich der Antragsgegnervertreter und beantragte die Zurückweisung des PKH-Antrags.
Das Gericht beraumte daraufhin einen Termin zur "mündlichen Verhandlung" im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren an, an dem die Parteien mit ihren Verfahrensbevollmächtigten teilnahmen, der Antragstellervertreter die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beantragte und der Antragsgegnervertreter die Zurückweisung des Antrags. Danach – offensichtlich aufgrund entsprechender Erörterung und Hinweisen des Gerichts – nahm der Antragstellervertreter die Anträge auf Ehescheidung und Prozesskostenhilfebewilligung zurück. Der Gegenstandswert für das Scheidungsverfahren wurde auf 9.000,00 EUR festgesetzt und mit Beschl. v. 3.7.2009 wurden dem Antragsteller infolge seiner Antragsrücknahme die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Dem hierauf eingereichten Kostenantrag der Antragsgegnerin hat die Rechtspflegerin in vollem Umfang stattgegeben und die vom Antragsteller an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 1.359,58 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Antragsteller durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Rechtsmittel (Erinnerung) eingelegt, weil eine Kostenerstattung nach § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren nicht stattfinde. Die Antragsgegnerin hat sich hierzu nicht geäußert.
Die Rechtspflegerin hat die Akte ohne Abhilfe dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Antragstellers ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG) und begründet.
Mit Beschl. v. 3.7.2009 wurden dem Antragsteller nach Antragsrücknahme vor Zustellung gem. § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den entsprechenden Antrag der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Gegen die Entscheidung war das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. § 269 Abs. 5 ZPO gegeben, das vom Antragsteller nicht eingelegt wurde, weswegen die Kostengrundentscheidung vom 3.7.2009 rechtskräftig geworden ist.
Diese kann nicht mehr zusammen mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss gem. §§ 103 ff. ZPO vom 12.8.2009 angefochten werden. Vielmehr ist die Rechtspflegerin zu einer Überprüfung der Richtigkeit der von der Familienrichterin getroffenen Kostengrundentscheidung nicht befugt und an diese gebunden.
Ihr obliegt allerdings im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren die inhaltliche Ausfüllung des richterlichen Kostenbeschlusses durch die Feststellung, welche Kosten angefallen und darüber hinaus erstattungsfähig i.S.v. § 91 ZPO sind.
Zunächst einmal besteht aber für sie die Bindung an den Kostentitel i.S.d. § 103 Abs. 1 ZPO.
Auch wenn dieser keine Begründung und Ermessensabwägung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO enthält und die zugrunde liegende Norm unkorrekt zitiert, beruht er offensichtlich auf der zuvor vom Antragsgegnervertreter vorgelegten Entscheidung des BGH (NJW-RR 2005, 1015 = MDR 2005, 824 [= AGS 2005, 170]) und damit auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, wonach eine Kostengrundentscheidung bei Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit zulässig ist.
Die Fehlerhaftigkeit des Kostenbeschlusses wegen der unterlassenen Begründung und Ermessensabwägung hätte insoweit zwar im Beschwerdeverfahren gem. § 269 Abs. 5 ZPO geltend gemacht werden müssen. Und die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kostengrundentscheidung kann nicht auf den Rechtspfleger im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens abgewälzt werden, da er nicht die Rechtsmittelinstanz für richterliche Entscheidungen ist, aufgrund deren er die ihm nach § 21 Nr. 1 RpflG allein übertragene Kostenfestsetzung gem. § 103 Abs. 1 ZPO vornimmt.
Der Antragsteller hatte aber ...