Leitsatz (amtlich)
Bei der Rücknahme der beabsichtigten Klage im Prozesskostenhilfeverfahren bleibt es ungeachtet des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO bei dem Ausschluss der Kostenerstattung. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer zu Lasten des PKH-Antragstellers ergangenen Kostengrundentscheidung ist dem Beschwerdeverfahren gem. § 269 Abs. 5 ZPO vorbehalten und kann nicht auf den Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abgewälzt werden. Dieser hat auf Grund eigener Prüfungskompetenz gem. § 21 Nr. 1 RpflG i.V.m. §§ 103 ff. ZPO festzustellen, welche Kosten des Rechtsstreits i.S.d. § 91 ZPO für den Fall der Klagezustellung erstattungsfähig gewesen wären. Hierzu zählen nicht die im Prozesskostenhilfe-Bewilligungsverfahren dem Gegner entstandenen Kosten (§ 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO), so dass der richterliche Kostenbeschluss inhaltlich ins Leere geht.
Normenkette
ZPO § 103 Abs. 1, § 118 Abs. 1 S. 4, § 269 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
AG Reutlingen (Beschluss vom 12.08.2009; Aktenzeichen 11 F 848/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des AG Reutlingen - Familiengericht - vom 12.8.2009 - 11 F 848/07, aufgehoben.
Der Kostenantrag der Antragsgegnerin vom 9./10.7.2009 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Im übrigern trägt die Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 1.359,58 EUR.
Gründe
1. Am 30.7.2007 reichte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27.7.2007 einen Antrag auf Ehescheidung ein und beantragte gleichzeitig, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. In der Begründung des PKH-Antrags ist die Rede vom "beabsichtigten Rechtsstreit" und der "beabsichtigten Rechtsverteidigung" - (gemeint ist wohl: "Rechtsverfolgung").
Der Schriftsatz wurde formlos an die Antragsgegnerin zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zu dem Prozesskostenhilfeantrag übersandt. Hierauf legitimierte sich der Antragsgegnervertreter und beantragte mit Schriftsatz vom 13.8.2007 die Zurückweisung des PKH-Antrags.
Mit Verfügung vom 10.9.2007 wurde ein Termin zur "mündlichen Verhandlung" im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren anberaumt, an dem die Parteien mit ihren Verfahrensbevollmächtigten teilnahmen, der Antragstellervertreter die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beantragte und der Antragsgegnervertreter die Zurückweisung des Antrags. Danach - offensichtlich aufgrund entsprechender Erörterung und Hinweisen des Gerichts - nahm der Antragstellervertreter die Anträge auf Ehescheidung und Prozesskostenhilfebewilligung zurück. Der Gegenstandswert für das Scheidungsverfahren wurde auf 9.000 EUR festgesetzt und mit Beschluss vom 3.7.2009 wurden dem Antragsteller infolge seiner Antragsrücknahme die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Dem hierauf eingereichten Kostenantrag der Antragsgegnerin vom 10.7.2009 hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 12.8.2009 in vollem Umfang stattgegeben und die vom Antragsteller an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 1.359,58 EUR festgesetzt.
Gegen die am 18.8.2009 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller durch seinen Verfahrensbevollmächtigten am 19.8.2009 Rechtsmittel (Erinnerung) eingelegt, weil eine Kostenerstattung nach § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren nicht stattfinde. Die Antragsgegnerin hat sich hierzu nicht geäußert.
Die Rechtspflegerin hat die Akte ohne Abhilfe dem OLG mit Beschluss vom 16.9.2009 zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Antragstellers ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG) und begründet.
Mit Beschluss vom 3.7.2009 wurden dem Antragsteller nach Antragsrücknahme vor Zustellung gem. § 269 Abs. 2 Satz 2 ZPO (?) auf den entsprechenden Antrag der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Gegen die am 8.7.2009 dem Antragstellervertreter zugestellte Entscheidung war das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. § 269 Abs. 5 ZPO gegeben, das vom Antragsteller nicht eingelegt wurde, weswegen die Kostengrundentscheidung vom 3.7.2009 rechtskräftig geworden ist.
Diese kann nicht mehr zusammen mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss gem. §§ 103 ff. ZPO vom 12.8.2009 angefochten werden. Vielmehr ist die Rechtspflegerin zu einer Überprüfung der Richtigkeit der von der Familienrichterin getroffenen Kostengrundentscheidung nicht befugt und an diese gebunden.
Ihr obliegt allerdings im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren die inhaltliche Ausfüllung des richterlichen Kostenbeschlusses durch die Feststellung, welche Kosten angefallen und darüber hinaus erstattungsfähig i.S.v. § 91 ZPO sind.
Zunächst einmal besteht aber für sie die Bindung an den Kostentitel i.S.d. § 103 Abs. 1 ZPO.
Auch wenn dieser keine Begründung und Ermessensabwägung gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO enthält und die zugrunde liegende Norm unkorrekt zitiert, beruht er offensichtlich auf der zuvor vom Antragsgegnervertreter vorgelegten Entscheidung des BGH (NJW-RR 2005, 1015 = MDR 2005, 824) un...