RVG VV Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104
Leitsatz
Eine Terminsgebühr nach der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht in einer Versorgungsausgleichssache nicht, wenn das Gericht von der Durchführung eines Termins nach § 221 Abs. 1 FamFG absieht.
KG, Beschl. v. 26.5.2011 – 19 WF 102/11
1 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da das AG mit Recht die Festsetzung einer Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) abgelehnt hat.
Nach der Vorbem. 3 Abs. 3 VV ist eine Terminsgebühr nicht entstanden. Das AG hat einen Erörterungstermin hinsichtlich der wieder aufgenommenen Folgesache Versorgungsausgleich weder anberaumt noch durchgeführt.
In Betracht kommt daher nur die Entstehung nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV. Danach entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden (oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen) wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Es kann offen bleiben, ob angesichts der Verwendung des Begriffs "mündliche Verhandlung" diese Regelung auch auf ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung finden kann, in denen keine mündliche Verhandlung, sondern gegebenenfalls ein Erörterungstermin (§ 32 Abs. 1 FamFG) durchgeführt wird (bejahend OLG Stuttgart <AGS 2011, 586 => NJW 2010, 3524 = RVGreport 2010, 420 (Hansens); Keuter, NJW 2009, 2922; Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn 405; verneinend Müller-Rabe, NJW 2010, 2009, 2011; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., Nr. 3104 Rn 29). Voraussetzung für eine (entsprechende) Anwendung wäre, dass die Durchführung eines Erörterungstermins vorgeschrieben ist. Daran fehlt es hier.
Gem. § 221 Abs. 1 FamFG "soll" das FamG in einer Versorgungsausgleichssache die Angelegenheit mit dem Ehegatten in einem Termin erörtern. Zutreffend wird dies entsprechend dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch dahin verstanden, dass ein Termin zwar im Regelfall, nicht aber notwendig durchzuführen ist (vgl. z.B. Wagner, in: Prütting/Helms, § 221 FamFG Rn 3; BGH NJW 1983, 824 zum früheren § 53b Abs. 1 FGG). Eine vergleichbare Rechtslage, wie sie im Zivilprozess gem. § 128 Abs. 1 ZPO besteht und wie sie Grundlage der Regelung in der Anm. zu Nr. 3104 VV ist, liegt daher nicht vor. Dementsprechend hat hier das AG von sich aus und ohne Zustimmungserklärung der Beteiligten von einem Termin abgesehen.
Die frühere Rspr. zu § 13 Abs. 2 HausratsVO (Senat FamRZ 2009, 720 [= AGS 2009, 270]; OLG Saarbrücken FamRZ 2008, 1464 [= AGS 2008, 171]) und § 44 Abs. 1 WEG a.F. (BGH NJW 2006, 2495 [= AGS 2006, 268]), nach der auch in diesen Verfahren bei Verzicht auf eine mündliche Erörterung eine Terminsgebühr entstehen konnte, ist auf die Regelung in § 221 Abs. 1 FamFG nicht übertragbar. Grundlage dieser Entscheidungen war, dass diese Bestimmungen einen vergleichbaren Regelungsgehalt wie § 128 Abs. 1 ZPO hatten. Das ist hinsichtlich der Bestimmungen des FamFG nicht der Fall. Dieses unterscheidet zwischen Terminen, die lediglich durchgeführt werden "sollen" (§§ 157 Abs. 1, 207, 221 Abs. 1 FamFG) und solchen, die notwendig durchzuführen sind (§ 155 Abs. 2 FamFG). Nur wenn in letzteren Verfahren ausnahmsweise die Anberaumung eines Erörterungstermins im Einverständnis mit den Beteiligten unterbleibt, kommt das Entstehen einer Terminsgebühr nach der Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV auch ohne Durchführung eines Termins in Betracht (zu einer solchen Sachlage OLG Stuttgart a.a.O.).
2 Anmerkung
Die Entscheidung des KG mag sich zwar mit dem Wortlaut des Gesetzes begründen lassen; sie widerspricht jedoch Sinn und Zweck des Gesetzes.
In Versorgungsausgleichssachen nach den §§ 217 ff. FamFG soll das Gericht die Sache mit den Beteiligten erörtern (§ 222 FamFG). Wie der BGH zu den früheren WEG-Verfahren klargestellt hat, bedeutet diese Sollvorschrift, dass eine Erörterung damit grundsätzlich vorgeschrieben ist. Gleiches gilt nach
Wirken in einem solchen Fall die Anwälte der Beteiligten daran mit, dass ohne eine solche mündliche Erörterung entschieden werden kann, dann ersparen sie dem Gericht die Mühe und Arbeit der Durchführung eines Termins. Diese zusätzliche Arbeit der Anwälte soll nicht durch einen Wegfall der Terminsgebühr bestraft werden, sondern nach dem Willen des Gesetzgebers gerade dadurch belohnt werden, dass die Anwälte auch in diesem Fall die Terminsgebühr erhalten.
Die zu sehr am Wortlaut orientierte Auslegung des KG führt nur dazu, dass den Anwälten der Anreiz genommen wird, zu versuchen, die Angelegenheit ohne mündliche Verhandlung zu erledigen. Im Gegenteil würde der Anwalt belohnt, der keine außergerichtlichen Anst...