RVG VV Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104
Leitsatz
Ergibt sich aus dem Protokoll in einem Unterhaltsverfahren eindeutig, dass keine Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden hat, sondern der nicht anwaltlich vertretene und somit nicht postulationsfähige Antragsgegner im Wesentlichen lediglich erklärt hat, er wisse, dass er Unterhalt zahlen müsse, und werde deshalb seine Arbeitsstelle wechseln, so entsteht hierdurch nicht die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.
AG Lüdinghausen, Beschl. v. 25.2.2013 – 17 F 87/12
1 Sachverhalt
Die Parteien führten einen Unterhaltsrechtsstreit, der in dem einzigen Verhandlungstermin der Sache durch Versäumnisbeschluss ein Ende fand, da der Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten war. Dem Versäumnisbeschluss lag folgender Verhandlungsgang zugrunde:
"Der Antragsteller-Vertreter stellte den Antrag aus seiner Antragsschrift."
Der Antragsgegner erklärte, ihm sei klar, dass er Kindesunterhalt zahlen müsse. Er werde seinen Arbeitgeber wechseln, damit er woanders mehr verdienen könne. Er habe dies bereits mit seinem Arbeitgeber besprochen.
Der Antragsteller-Vertreter beantragte sodann den Erlass eines seinen Anträgen entsprechenden Versäumnisbeschlusses.“
Sodann wurde antragsgemäß durch Verlesen der Versäumnisbeschluss erlassen.
Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat der im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordnete Antragsteller-Vertreter und Erinnerungsführer beantragt u.a. "1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV" in Höhe von 270,00 EUR festzusetzen. Der zuständige Rechtspfleger hat jedoch stattdessen nur 169,00 EUR nach Nr. 3105 VV festgesetzt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Erinnerung des Antragstellerin-Vertreters, mit der dieser vorträgt:
"Zwar war der Antragsgegner im Termin nicht anwaltlich vertreten, es wurde aber nicht lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt, sondern es fanden im Termin zuvor Erörterungen statt. Demzufolge sind Erklärungen des Antragsgegners protokolliert. Damit ist nicht eine Gebühr nach Nr. 3105 VV, sondern eine zur Festsetzung beantragte Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV entstanden."
Die Erinnerung hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Voraussetzungen der Entstehung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV liegen nicht vor. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt sich eindeutig, dass weder eine Erörterung der Sach- und Rechtslage noch eine Erörterung zwischen dem Gericht und dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin stattfand. Hierfür gab es aufgrund der späteren antragsgemäßen Verurteilung wohl auch keinen Grund. Der Verfahrensbevollmächtigte hat im Termin – ausgehend von dem Inhalt des Protokolls – nur den Antrag aus der Antragsschrift gestellt und nicht mehr. Der Antragsgegner gab in diesem Termin zwar eine Erklärung ab, diese hatte aber mangels Vorliegen einer Postulationsfähigkeit (vgl. § 114 FamFG) für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung. Dementsprechend konnte keine Terminsgebühr entstehen.
3 Anmerkung
Nach Nr. 3105 VV ermäßigt sich die 1,2-Terminsgebühr der Nr. 3104 VV bei Wahrnehmung nur eines Termins, in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder ein Antrag zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird.
Der Wortlaut ist sprachlich falsch, weil danach bereits bei Nichterscheinen der Partei, selbst wenn sie ordnungsgemäß vertreten ist, dem Wortlaut nach die Ermäßigung eintreten würde. Zu lesen ist Nr. 3105 VV zutreffenderweise wie folgt:
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wenn die Partei nicht erschienen und auch nicht ordnungsgemäß vertreten ist oder |
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wenn die Partei zwar erschienen ist, allerdings ohne Anwalt und damit wegen des Postulationszwangs des § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht ordnungsgemäß vertreten ist. |
Voraussetzung für eine Ermäßigung ist allerdings, dass "nur ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird". Sobald mehr geschieht – insbesondere mit der nicht postulationsfähigen Partei erörtert wird –, entsteht dagegen die volle Terminsgebühr
Beispiel: Erscheinen der nicht postulationsfähigen Partei ohne Erörterung
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG erscheint der Beklagte persönlich, jedoch ohne anwaltliche Vertretung. Der Anwalt beantragt daraufhin den Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Beklagten.
Es entsteht nur die 0,5-Termisngebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
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725,40 EUR |
2. |
0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
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279,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.024,40 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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1.94,64 EUR |
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Gesamt |
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1.219,04 EUR |
Beispiel: Erscheinen der nicht postulationsfähigen Partei mit Erörterung
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG erscheint der Beklagte persönlich, jedoch ohne anwaltliche Vertretung. Das Gericht erörtert die Sache dennoch mit den Parteien. Hiernach beantragt der Anwalt dann den Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Beklagten.
Jetzt fällt die volle 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV an, nicht aufgrund der Anwes...