ZPO § 104 Abs. 2 S. 3
Leitsatz
- Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen im Kostenfestsetzungsverfahren reicht die bloße Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen könne. Eine Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich.
- Gegen eine Festsetzung von Umsatzsteuer, die aufgrund einer unrichtigen Erklärung vorgenommen wurde, kann sich der Vollstreckungsschuldner gegebenenfalls durch eine auf § 767 ZPO oder § 812 BGB gestützte Klage schützen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.2.2019 – 6 W 16/19
1 Aus den Gründen
Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers ist unbegründet. Das LG hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht die nach Nr. 7008 VV zur Festsetzung angemeldete USt. auf die geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung berücksichtigt.
Nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO genügt zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen im Kostenfestsetzungsverfahren, dass der Antragsteller erklärt, er könne die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen. Er braucht seine Erklärung nicht glaubhaft zu machen oder sonst irgendwie zu bekräftigen. Die Richtigkeit der Erklärung ist in dem Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu überprüfen, um dieses Verfahren nicht mit schwierigen Fragen des materiellen Umsatzsteuerrechts zu belasten (BVerfG, Beschl. v. 17.2.1995 – 1 BvR 697/93; KG, Beschl. v. 18.4.2006 – 2 W 21/06; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.11.2003 – I-5 W 53/03; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.9.1998 – 6 W 232/98). Gegen eine Festsetzung von USt., die aufgrund einer unrichtigen Erklärung vorgenommen wurde, kann sich der Vollstreckungsschuldner ggfs. durch eine auf § 767 ZPO oder § 812 BGB gestützte Klage schützen. Das vor dem Richter mit grds. zwingender mündlicher Verhandlung durchzuführende Verfahren über derartige Rechtsbehelfe ist besser geeignet, schwierige umsatzsteuerrechtliche Fragen zu klären als das vor dem Rechtspfleger im grds. schriftlichen Verfahren durchzuführende Kostenfestsetzungsverfahren (KG, Beschl. v. 4.9.2007 – 2 W 151/07).
Eine Ausnahme von § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO lässt die Rspr. dann zu, wenn die Richtigkeit der Erklärung des Antragstellers durch entsprechenden, vom Antragsgegner zu erbringenden Beweis bereits entkräftet ist oder sich die offensichtliche Unrichtigkeit der Erklärung aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen zweifelsfrei ergibt (BGH, Beschl. v. 11.2.2003 – VIII ZB 92/02 [= AGS 2003, 276]; OLG Düsseldorf a.a.O.). Die Voraussetzungen für das Eingreifen eine der genannten Ausnahmen sind vorliegend nicht gegeben. Insbesondere kann aus der bloßen Tatsache, dass die Antragstellerin eine juristische Person in Form einer GmbH ist, nicht zweifelsfrei auf deren Vorsteuerabzugsberechtigung geschlossen werden. Vorsteuerabzugsberechtigt ist nach § 15 Abs. 1 S. 1 UStG nur ein "Unternehmer"; nicht jede GmbH übt allerdings, wie in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG dafür vorausgesetzt, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig aus (KG, a.a.O). Die Verfügungsbeklagte hat insoweit geltend gemacht, infolge der Öffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen keine unternehmerische Tätigkeit mehr zu entfalten. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.
AGS 7/2019, S. 350 - 351