§ 120 StVollzG; § 114 ZPO
Leitsatz
Im Strafvollzugsverfahren ist ein die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht ablehnender Beschluss der Strafvollstreckungskammer ungeachtet des Verfahrenswerts weder mit der Rechtsbeschwerde noch mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
BayObLG, Beschl. v. 30.4.2024 – 203 StObWs 150/24
I. Sachverhalt
Der Strafgefangene hat mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreterin v. 14.9.2023 bei der Strafvollstreckungskammer einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) eingereicht und beantragt, ihm unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin PKH für ein von ihm beabsichtigtes Strafvollzugsverfahren zu bewilligen. Dem Antrag auf PKH hat er eine als "Entwurf" gekennzeichnete Antragsschrift nach § 109 StVollzG beigefügt, mit der er die Zahlung des Mindestlohns erreichen will.
Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag auf Bewilligung von PKH zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten würde (§ 114 Abs. 1 ZPO). Gegen diesen Beschluss hat der Gefangene mit Schreiben seiner Rechtsanwältin v. 3.11.2023, sofortige Beschwerde eingelegt und um Fristverlängerung für die Begründung des Rechtsmittels ersucht. Mit Schreiben v. 23.11.2023, 14.12.2023, 4.1.2024, 12.3.2024 hat die Rechtsanwältin weitere Fristverlängerungen beantragt und mit Schreiben v. 19.3.2024 und – erneut – am 20.3.2024 eine "am 3.11.2023 erhobene Rechtsbeschwerde" begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, da kein Zulassungsgrund nach § 116 Abs. 1 StVollzG vorliegen würde. Ein gerichtlicher Hinweis auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ist mit Verfügung des Vorsitzenden v. 28.3.2024 erteilt worden. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
II. Entscheidung nicht anfechtbar
Das BayObLG hat das Rechtsmittel aufgrund der ausdrücklichen Bezeichnung durch die Rechtsanwältin als Rechtsbeschwerde und hilfsweise als sofortige Beschwerde geprüft. Das Rechtsmittel gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer erweise sich aber als unzulässig.
Eine Rechtsbeschwerde nach § 116 Abs. 1 StVollzG wäre gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer nicht eröffnet, da sich das Tatgericht – insoweit auch rechtsfehlerfrei – isoliert mit dem ihm zur Entscheidung unterbreiteten Begehren des Antragstellers auf Bewilligung von PKH befasst hat.
Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von PKH sei ebenfalls unzulässig. Nach überwiegender obergerichtlicher Auffassung, der sich das BayObLG angeschlossen hat und die auch im Schrifttum Zustimmung erlangt hat, ist im Strafvollzugsverfahren ein die Bewilligung von PKH wegen mangelnder Erfolgsaussicht ablehnender Beschluss der Strafvollstreckungskammer ungeachtet des Verfahrenswerts nicht anfechtbar (vgl. KG, Beschl. v. 16.2.2018 – 5 Ws 20/18 Vollz; OLG Bremen, Beschl. v. 12.2.2020 – 1 Ws 129/19; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.11.2008 – 3 Vollz (Ws) 64/08; OLG Hamm, Beschl. v. 4.12.2012 – III-1 Vollz (Ws) 672/12; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.3.2020 – 2 Ws 38/20; OLG Koblenz, Beschl. v. 5.11.2019 – 2 Ws 627/19 Vollz; OLG Naumburg, Beschl. v. 9.9.2003 – 1 Ws 275/03; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.2.2014 – 1 Ws 294/13; Feest/Lesting/Lindemann/Spaniol, Strafvollzugsgesetze, 8. Aufl., 2021, Teil IV § 120 StVollzG Rn 21; Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal/Laubenthal, StVollzG, 7. Aufl., 2020, 12. Kapitel § 120 Rn 12; BeckOK Strafvollzug Bund/Euler, § 120 StVollzG, 25. Ed., Stand: 1.2.2024, § 120 Rn 11; Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel/Baier/Bachmann, Strafvollzugsgesetze, 13. Aufl., 2024, § 120 StVollzG Rn 140; diff. nach Beschwerdewert wohl Arloth/Krä, StVollzG, 5. Aufl., 2021, § 120 Rn 7; diff. nach zulässig eingelegter Rechtsbeschwerde OLG Rostock, Beschl. v. 6.2.2012 – I Vollz [Ws] 3/12).
III. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung liegt, wie die zahlreichen Nachw. des BayObLG zeigen, auf der Linie der h.M. in Rspr. und Lit. Grund für diese Auffassung ist u.a., dass im Strafvollzugsverfahren gegen die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer keine weitere Tatsacheninstanz eröffnet ist (so auch KG, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.; zu den Gebühren im Strafvollzugsverfahren Burhoff/Volpert/Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Teil A Rn 2536 ff.).
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 7/2024, S. 326 - 327