RVG VV Nrn. 3104, 1002, Vorbem. 3 Abs. 3
Leitsatz
- Im Rahmen der nach Nr. 7005 VV abzugeltenden Abwesenheit des Rechtsanwalts von seiner Kanzlei sind Zeiten für eine Vor- und Nachbesprechung eines Gerichtstermins außerhalb desselben mit dem Mandanten nicht anzuerkennen. In die Berechnung der für die Wegstrecke zwischen Kanzlei und Gerichtsstandort erforderlichen Fahrzeit ist neben dem von einem Routenplaner angegebenen Zeitaufwand ein angemessener Sicherheitszuschlag einzustellen.
- Dient die Reise des Rechtsanwalts der Terminswahrnehmung in mehreren Verfahren desselben oder eines anderen Mandanten, so ist das Abwesenheitsgeld nach dem Verhältnis der Kosten, die bei gesonderter Ausführung der einzelnen Geschäfte entstanden wären, auf die Verfahren zu verteilen.
- Auch unter Berücksichtigung des sich aus § 162 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenminimierungsgebotes bleibt es dem Rechtsanwalt überlassen, die zweckmäßigere Route aus zwei verkehrsüblichen zu wählen, sofern die Differenz nur wenige Kilometer beträgt.
Thüringer OVG, Beschl. v. 28.3.2018 – 2 VO 581/15
1 Aus den Gründen
Der Beschluss des VG ist im Hinblick auf das i.H.v. 17,50 EUR begehrte Abwesenheitsgeld abzuändern. Zu Unrecht ist das VG von einer nicht mehr als vierstündigen Abwesenheit des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers ausgegangen und hat daher nur ein Abwesenheitsgeld i.H.v. 10,00 EUR gewährt. Nach Nr. 7005 VV a.F. ist für die Wahrnehmung des Termins in den Verfahren 1 K 463/13 We u. 1 K 488/13 We ein Tage- und Abwesenheitsgeld i.H.v. 35,00 EUR entstanden, das kostenrechtlich auf beide Verfahren aufzuteilen war.
Gem. Nr. 7005 VV a.F. erhält der Rechtsanwalt bei einer Geschäftsreise neben den Fahrtkosten ein Tage- und Abwesenheitsgeld. Es soll die Mehrkosten, die durch die Geschäftsreise verursacht werden, ausgleichen. Maßgeblich für die Berechnung der Reisedauer ist die Zeitspanne zwischen dem Verlassen der Kanzlei bzw. Wohnung und der Rückkehr dorthin unter Berücksichtigung der tatsächlichen Abgangs- und Zugangszeiten. Der Rechtsanwalt darf die Reise dafür nicht unnötig in die Länge ziehen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., VV 7003–7006 Rn 67 f.; Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., Nr. 7003–7006 VV Rn 26 ff.).
Der Einwand des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers, bei der Berechnung seiner Abwesenheit seien auch Zeiten einer Vor- und Nachbesprechung des Termins mit dem Beschwerdeführer zu berücksichtigen, führt nicht zu einer Erhöhung des begehrten Abwesenheitsgeldes. Zeiten für Besprechungen mit Mandanten sind nicht durch die Geschäftsreise verursacht und erhöhen daher nicht die Abwesenheitszeit. Denn das Abwesenheitsgeld soll nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur den unmittelbar durch die Terminswahrnehmung verursachten Zeitausfall pauschal entschädigen. Dem Prozessbevollmächtigten wird eine Entschädigung dafür gewährt, dass er sich seinem Wirkungskreis vorübergehend im Interesse seines Auftraggebers entziehen muss (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 7.5.2009 – 4 Ws 56/09, juris Rn 44). Dies ist bei Gesprächen mit Mandanten zur Vor- und Nachbereitung des Termins außerhalb der Gerichtsverhandlung nicht der Fall. Der dafür erforderliche Zeitaufwand wird durch die Verfahrensgebühr, die nach der Vorbem. 3 Abs. 2 VV a.F. für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information entsteht, abgegolten.
Das VG ist in seiner Berechnung der Abwesenheitszeit des Beschwerdeführers zu Unrecht nur von einer Abwesenheit bis zu 4 Stunden ausgegangen.
Dient die Reise wie hier der Terminswahrnehmung in mehreren Verfahren, so sind die entstandenen Auslagen nach den Nrn. 7003 bis 7006 VV nach dem Verhältnis der Kosten zu verteilen, die bei gesonderter Ausführung der einzelnen Geschäfte entstanden wären (Vorbem. 7 Abs. 3 S. 1 VV a.F.). Mithin ist zunächst das Abwesenheitsgeld unter Berücksichtigung der für mehrere Verfahren entstandenen Abwesenheit des Rechtsanwalts zu ermitteln. Sodann ist das Abwesenheitsgeld zu errechnen, das bei einer separaten Durchführung der jeweiligen Reise für jeden Prozess entstanden wäre. Beide Summen sind ins Verhältnis zu setzen. Wären die Kosten in dem Fall, dass die Reisen für jeden Prozess gesondert durchgeführt worden wären, jeweils in derselben Höhe angefallen, sind die erstattungsfähigen Reisekosten – ermittelt auf der Basis der Gesamtabwesenheitszeit des Rechtsanwalts für beide Prozesse – zu halbieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.9.2008 – 4 KSt 1010/07, juris Rn 2, u. v. 19.8.2008 – 4 KSt 1001.08 [4 A 1001.04]; vgl. auch von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert, Die Kostenfestsetzung, 21. Aufl., 2013, S. 182, Rn B 590). So liegt es hier.
Der Zeitaufwand für den Erörterungstermin betrug ausweislich des Protokolls für beide Klageverfahren 2 Stunden und 50 Minuten. Für die einfache Fahrstrecke Erfurt-Weimar ist laut Routenplaner von einem durchschnittlichen Zeitaufwand von ca. 35 min auszugehen. Dies ergibt zwar eine Abwesenheit von insgesamt genau 4 Stunden. Zu berücksichtigen ist aber auch der Zeitaufwand für die Wegstrecke aus dem Büro zum Kfz bzw. vom Kfz i...