ZPO § 91 Abs. 2 S. 1; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2; UKlaG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; UrhWG § 6
Leitsatz
Die GEMA kann ebenso wie ein Verband zur Verfolgung gewerblicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) oder ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen aufgenommener Verband (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UKlaG) einen am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt schriftlich instruieren und keine Reisekosten auswärtiger Anwälte erstattet verlangen.
OLG Hamburg, Beschl. v. 25.1.2018 – 8 W 5/17
1 Sachverhalt
Die Klägerin, ein wirtschaftlicher Verein kraft staatlicher Verleihung, ist die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den geschützten Werken der Musik. Ihr ist die nach § 1 UrhWG erforderliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb einer Verwertungsgesellschaft erteilt worden. Sie hat ihren Sitz in Berlin. In einem urheberrechtlichen Streit gegen die Beklagte vor dem LG und dem OLG Hamburg ließ sie sich von einer Rechtsanwaltskanzlei in München vertreten. Nach dem Urteil des OLG hat von den Kosten der ersten Instanz die Klägerin 86 % und die Beklagte 14 % und von den Kosten der Berufungsinstanz die Klägerin 85 % und die Beklage 15 % zu tragen.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat das LG die von der Klägerin beantragten Reisekosten ihrer Münchner Prozessbevollmächtigten sowie Tage- und Abwesenheitsgelder (für die 1. Instanz insgesamt 1.771,31 EUR und für die 2. Instanz insgesamt 517,97 EUR) und Kosten eines Handelsregisterauszuges (4,50 EUR) bei der Kostenausgleichung nach § 106 ZPO berücksichtigt und die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 9.861,97 EUR festgesetzt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde.
2 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde ist zum größten Teil begründet.
1. Reisekosten, Tage- und Abwesenheitsgelder
Die von der Klägerin geltend gemachten Reisekosten des in München ansässigen Prozessbevollmächtigten nach Hamburg sind entgegen der Ansicht des LG nicht erstattungsfähig. Die Beauftragung der Münchner Prozessbevollmächtigten war nicht notwendig (§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO).
a) Grds. gilt zwar Folgendes:
Nach der höchstrichterlichen Rspr. stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung dar. Ein tragender Grund hierfür ist die Annahme, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist (BGH, Beschl. v. 13.9.2011 – VI ZB 42/10, Rn 6 m.w.N., juris). Ein solches Mandantengespräch kann entbehrlich sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH, Beschl. v. 13.5.2004 – I ZB 3/04, Rn 6 m.w.N., juris). Dann muss ein am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalt beauftragt werden (BGH, Beschl. v. 13.5.2004, a.a.O., Rn 5, juris).
Macht die obsiegende Partei Reisekosten eines Rechtsanwalts geltend, der eine Partei vertritt, die nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügt und die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2011 – VI ZB 42/10, Rn 6 m.w.N.). Besondere Umstände, die eine volle Erstattung der Reisekosten eines an einem dritten Ort beauftragten Rechtsanwalts ermöglichen, können nach der Rspr. des BGH zwar dann gegeben sein, wenn die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache an einem Ort stattgefunden hat, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. Genauso wie die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei grds. eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, kann ein Unternehmen grds. einen Prozessbevollmächtigten auch an dem Ort beauftragen, an dem die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache erfolgt ist, selbst wenn das Unternehmen an diesem Ort weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Reisekosten, die dem Unternehmen durch die Beauftragung eines am Ort der Bearbeitung ansässigen Rechtsanwalts entstanden sind, nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie sonst im Falle der Beauftragung eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts (BGH, Beschl. v. 13.9.2011 – VI ZB 42/10, Rn 8 m.w.N., juris).
b) Auf die vorstehende Rspr. kann die Klägerin sich jedoch nicht mit ihrem Vortrag berufen, sie verfüge nicht über eine Rechtsabteilung, die Einzelforderungen geltend mache, und der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt sei von ihrer Generaldirektion in München bearbeitet worden. Denn si...