Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit von Reisekosten der GEMA-Anwälte

 

Leitsatz (amtlich)

Die GEMA kann ebenso wie ein Verband zur Verfolgung gewerblicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) oder ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen aufgenommener Verband (§ 3 Abs. 1 S.1 Nr. 2 UKlaG) einen am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt schriftlich instruieren und keine Reisekosten auswärtiger Anwälte erstattet verlangen.

 

Normenkette

UKlaG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; UrhWG § 6; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 91 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 179/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittel der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 17.10.2016, AZ 315 O 179/09, abgeändert:

Die von der Klägerin an die Beklagte gem. § 106 ZPO nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 14.04.2016 zu erstattenden Kosten werden auf

EUR 10.187,72

nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.05.2016 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von EUR 325,75.

 

Gründe

I. Die Klägerin, ein wirtschaftlicher Verein kraft stattlicher Verleihung, ist die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den geschützten Werken der Musik. Ihr ist die nach § 1 UrhWG erforderliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb einer Verwertungsgesellschaft erteilt worden. Sie hat ihren Sitz in Berlin. In einem urheberrechtlichen Streit gegen die Beklagte vor dem Landgericht Hamburg und Hanseatischem Oberlandesgericht ließ sie sich von einer Rechtsanwaltskanzlei in München vertreten. Nach dem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgericht vom 14.04.2016 hat von den Kosten der ersten Instanz die Klägerin 86 % und die Beklagte 14 % und von den Kosten der Berufungsinstanz die Klägerin 85% und die Beklage 15 % zu tragen.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat das Landgericht Hamburg die von der Klägerin beantragten Reisekosten ihrer Münchner Prozessbevollmächtigten sowie Tage- und Abwesenheitsgelder (für die 1. Instanz insgesamt EUR 1.771,31 und für die 2. Instanz insgesamt EUR 517,97) und Kosten eines Handelsregisterauszuges (EUR 4,50) bei der Kostenausgleichung nach § 106 ZPO berücksichtigt und die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf EUR 9.861,97 festgesetzt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist zum größten Teil begründet.

1. Reisekosten, Tage- und Abwesenheitsgelder

Die von der Klägerin geltend gemachten Reisekosten des in München ansässigen Prozessbevollmächtigten nach Hamburg sind entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht erstattungsfähig. Die Beauftragung der Münchner Prozessbevollmächtigten war nicht notwendig (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

a. Grundsätzlich gilt zwar Folgendes:

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung dar. Ein tragender Grund hierfür ist die Annahme, dass üblicherweise ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist (BGH, Beschluss vom 13.09.2011 - VI ZB 42/10 -, Rn. 6 mwN, juris). Ein solches Mandantengespräch kann entbehrlich sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH, Beschluss vom 13.05.2004 - I ZB 3/04 -, Rn. 6 mwN, juris). Dann muss ein am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalt beauftragt werden (BGH, Beschluss vom 13.05.2004, aaO, Rn. 5, juris).

Macht die obsiegende Partei Reisekosten eines Rechtsanwalts geltend, der eine Partei vertritt, die nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügt und die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind diese Kosten regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (vgl. BGH, Beschluss vom 13.09.2011 - VI ZB 42/10 -, Rn. 6 mwN). Besondere Umstände, die eine volle Erstattung der Reisekosten eines an einem dritten Ort beauftragten Rechtsanwalts ermöglichen, können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar dann gegeben sein, wenn die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache an einem Ort stattgefunden hat, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. Genauso wie die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei grundsätzlich eine Maßnahme zweckentsprechender Rech...

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