FamFG § 137 Abs. 1; ZPO § 114
Leitsatz
Dem Antragsgegner ist auch für ein Ehescheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen. Eine Versagung kann nicht auf mangelnde Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung (hier: Antrag auf Abweisung des Ehescheidungsantrages) gestützt werden. Das Ehescheidungsverfahren untersteht dem Verbundprinzip. Ist dem Antragsgegner für die Folgesache Versorgungsausgleich in jedem Falle Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, da insoweit die hinreichende Erfolgsaussicht nicht in Frage steht, kann es nicht sein, dass ihm insoweit und auch für die elterliche Sorge ein anwaltlicher Vertreter beigeordnet wird, der im Ehescheidungsverfahren für ihn nicht auftreten kann, obwohl über die Scheidung und die Scheidungsfolgesachen im Verbund zu verhandeln und zu entscheiden ist.
OLG Jena, Beschl. v. 4.1.2018 – 1 WF 713/17
1 Sachverhalt
Das FamG hat der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren gewährt und ihr einen Rechtsanwalt beigeordnet. Ein Hinweis seitens der Antragstellerin, dass es sich vorliegend um eine einverständliche Scheidung handele, ist in der Antragsschrift nicht enthalten.
Der Antragsgegner hat für die Vertretung im Scheidungsverfahren um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung seiner Rechtsanwältin nachgesucht.
In der Sache hat er beantragt,
1. den Scheidungsantrag abzuweisen,
2. den Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts für die gemeinsamen minderjährigen Kinder abzuweisen;
3. dem Antrag der Antragstellerin auf Übertragung der alleinigen Nutzung der Ehewohnung wird unter Verwahrung gegen die Kostenlast nicht entgegen getreten.
Das FamG hat dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter anwaltlicher Beiordnung hinsichtlich des Antrages zu 2), betreffend das Sorgerecht für seinen minderjährigen Sohn bewilligt.
Das AG hat dem Antragsgegner im Übrigen Verfahrenskostenhilfe hinsichtlich des gegen die vorzeitige Scheidung gerichteten Antrages zu 1) wegen mangelnder Erfolgsaussicht verweigert. Die Voraussetzungen einer vorzeitigen Scheidung gem. § 1565 BGB lägen aufgrund der Gewalttätigkeit des Antragsgegners in der Ehe vor. Weiterer Ermittlungen hinsichtlich des Vorliegens eines Härtefalls bedürfe es daher nicht.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er führt an, dass die Beteiligten bereits räumlich voneinander getrennt lebten. Tätlichkeiten habe die Antragstellerin mithin nicht weiter zu befürchten.
Die bemühten Tätlichkeiten seien durch vorausgehende Provokationen der Antragstellerin verursacht worden. Insoweit könne der Scheidungsantrag nicht auf § 1565 Abs. 2 BGB gestützt werden.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
3. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, so dass dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe zu gewähren war.
3.1 Das AG hat die Versagung der beantragten Verfahrenskostenhilfe auf mangelnde Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Antragsgegners gestützt.
Seinem Begehren kann aber nicht die hinreichende Erfolgsaussicht abgesprochen werden. Denn nach einhelliger, auch vom Senat vertretener Auffassung kommt es im Ehescheidungsverfahren für die Erfolgsaussicht nicht darauf an, ob der Abweisungsantrag gegenüber dem Scheidungsantrag endgültig Erfolg haben kann. Die Besonderheiten des Scheidungsverfahrens bringen es vielmehr mit sich, dass eine Erfolgsaussicht schon dann zu bejahen ist, wenn ein durch anwaltliche Tätigkeit verfolgbares Verfahrensziel erkennbar ist (OLG Köln FamRZ 1982, 1224; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 265; OLG Jena FamRZ 1998, 1179) bzw. der Gegner seine Lage darin verbessern kann und will (OLG Bamberg NJW-RR 1995, 5; OLG Saarbrücken FamRZ 1985, 723).
Schließlich besteht deshalb im Scheidungsverfahren für beide Ehegatten in allen Rechtszügen Anwaltszwang (§ 114 Abs. 1 FamFG). Durch § 114 Abs. 1 FamFG ist der Anwaltszwang auf die Folgesachen in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit erweitert worden (Keidel/Weber, FamFG, 19. Aufl., § 114 Rn 4).
Das Ehescheidungsverfahren untersteht dem Verbundprinzip. Scheidungsfolgesachen sind, soweit ein Ehegatte es beantragt oder für den Fall der Durchführung des Versorgungsausgleichs von Amts wegen, gleichzeitig und zusammen mit dem Scheidungsantrag zu verhandeln und, sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden (§ 137 Abs. 1 FamFG). Dem Antragsgegner ist für die Folgesache Versorgungsausgleich in jedem Falle Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, da insoweit die hinreichende Erfolgsaussicht nicht in Frage steht. Es kann nicht sein, dass ihm insoweit und auch für die elterliche Sorge ein anwaltlicher Vertreter beigeordnet wird, der im Ehescheidungsverfahren für ihn nicht auftreten kann, obwohl über die Scheidung und die Scheidungsfolgesachen im Verbund zu verhandeln und zu entscheiden ist (vgl. OLG Köln, a.a.O.).
Zwar kommt es dem Antragsgegner in erster Linie darauf an, verheiratet zu bleiben. Unabhängig davon, ob er mit Erfolg dem Scheidungs...