Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Antragsgegner ist für die Folgesache Versorgungsausgleich in jedem Falle Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, da insoweit die hinreichende Erfolgsaussicht nicht in Frage steht. Es kann nicht sein, dass ihm insoweit und auch für die elterliche Sorge ein anwaltlicher Vertreter beigeordnet wird, der im Ehescheidungsverfahren für ihn nicht auftreten kann, obwohl über die Scheidung und die Scheidungsfolgesachen im Verbund zu verhandeln und zu entscheiden ist.

 

Normenkette

FamFG §§ 114, 137 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Altenburg (Aktenzeichen 5 F 76/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 13.12.2017 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Altenburg vom 10.11.2017, Az. 5 F 76/17, zugestellt am 14.11.2017, Nichtabhilfeentscheidung vom 17.12.2017, abgeändert.

Dem Antragsgegner wird für das Scheidungsverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., bewilligt.

Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht Altenburg hat der Antragstellerin durch Beschluss vom 19.9.2017 Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren gewährt und ihr Rechtsanwalt ...., beigeordnet.

Ein Hinweis seitens der Antragstellerin, dass es sich vorliegend um eine einverständliche Scheidung handele, ist in der Antragsschrift vom 15.2.2017 nicht enthalten.

Der Antragsgegner hat für die Vertretung im Scheidungsverfahren, das durch Scheidungsantrag der Antragstellerin vom 15.2.2017 eingeleitet wurde, um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung von Frau Rechtsanwältin ... nachgesucht.

Der Antragsgegner hat beantragt,

1. den Scheidungsantrag vom 15.2.2017 abzuweisen,

2. den Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts für die gemeinsamen minderjährigen Kinder R., geboren am 28.5.1999 sowie S.., geboren am 21.1.2011, abzuweisen,

3. dem Antrag der Antragstellerin auf Übertragung der alleinigen Nutzung der Ehewohnung wird unter Verwahrung gegen die Kostenlast nicht entgegen getreten.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Altenburg hat mit Beschluss vom 10.11.2017 dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter anwaltlicher Beiordnung hinsichtlich des Antrages zu 2. aus dem Schriftsatz vom 4.10.2017, betreffend das Sorgerecht für seinen minderjährigen Sohn bewilligt.

Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner im Übrigen Verfahrenskostenhilfe hinsichtlich des gegen die vorzeitige Scheidung gerichteten Antrages zu 1. aus dm Schriftsatz vom 4.10.2017 wegen mangelnder Erfolgsaussicht verweigert. Die Voraussetzungen einer vorzeitigen Scheidung gemäß § 1565 BGB lägen aufgrund der Gewalttätigkeit des Antragsgegners in der Ehe vor. Weiterer Ermittlungen hinsichtlich des Vorliegens eines Härtefalls bedürfe es daher nicht.

Gegen den Beschluss vom 10.11.2017, zugestellt am 14.11.2017, richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 13.12.2017. Er führt an, dass die Beteiligten bereits räumlich voneinander getrennt lebten. Tätlichkeiten habe die Antragstellerin mithin nicht weiter zu befürchten.

Die bemühten Tätlichkeiten seien durch vorausgehende Provokationen der Antragstellerin verursacht worden. Insoweit könne der Scheidungsantrag nicht auf § 1565 Abs. 2 BGB gestützt werden.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Altenburg hat der Beschwerde am 17.12.2017 nicht abgeholfen und die Akte dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. 1. Da beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, sind vorliegend - unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit (vgl. OLG Koblenz, FamRZ 2009, 611 ff., Rn.39 m. w. N.) - die deutschen Gerichte nach Art. 3 Abs. 1 a EuEheVO für die Ehescheidung zuständig (OLG Jena, NJW 2015, 2270-2271).

Hinsichtlich des anzuwendenden materiellen Scheidungsrechts bestimmt die am 21.06.2012 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20.12.2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (so genannte Rom III - VO), die nach ihrem Art. 2 die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 2201/2003 unberührt lässt, dass die Ehegatten ein Wahlrecht unter Beachtung der Voraussetzungen in den Buchstaben a.) bis d.) des Art. 5 Abs. 1 haben.

Da die Ehegatten vorliegend dieses Wahlrecht nicht ausgeübt haben und sie bei Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten, unterliegt ihr Ehescheidungsverfahren nach Art. 8 Buchstabe a.) der Rom III - VO, die auch für Angehörige von Drittstaaten gilt (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2013, 217 f., Rn. 7 m. w. N.), dem deutschen Recht (OLG Jena, a.a.O.).

2. Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO (i.V.m. §§ 113 Abs. 1 FamFG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht nach § 569 Abs. 1, 2 ZPO eingelegt.

3. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erf...

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