Leitsatz
In Scheidungsverfahren darf die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts ohne Einschränkung erfolgen, wenn dessen Gesamtkosten (einschließlich Reisekosten) nicht höher liegen als die Kosten eines Anwalts am Gerichtsort zuzüglich denen eines Verkehrsanwalts am Wohnsitz des antragstellenden Beteiligten (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 18.1.2007 – 14 WF 284/06).
OLG Köln, Beschl. v. 23.3.2015 – II-4 WF 28/15
1 Aus den Gründen
Die gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat auch in der Sache Erfolg.
Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein – wie hier vorliegendes – Scheidungsverfahren ist dann nicht auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts zu begrenzen, wenn aufgrund des vom Gerichtsort entfernten Wohnsitzes des antragstellenden Beteiligten die Beauftragung eines Verkehrsanwalts notwendig wäre und diese Beauftragungskosten die Reisekosten des auswärtigen Anwalts übersteigen würden. Dabei ist auch in einfach gelagerten Scheidungsfällen ein persönliches Beratungsgespräch mit einem Rechtsanwalt zur Vorbereitung des Gerichtsverfahrens notwendig. Wenn die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 121 Abs. 4 ZPO gerechtfertigt wäre, darf die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts ohne Einschränkung erfolgen, wenn dessen Gesamtkosten (einschließlich Reisekosten) nicht höher liegen als die Kosten eines Anwalts am Gerichtsort zuzüglich denen eines Verkehrsanwalts am Wohnsitz des antragstellenden Beteiligten (OLG Köln, Beschl. v. 18.1.2007 – 14 WF 284/06).
Vorliegend sind die Reisekosten der beigeordneten auswärtigen Verfahrensbevollmächtigten geringer als die Kosten für einen Verkehrsanwalt. Die Reisekosten zur Wahrnehmung eines Termins vor dem AG Wipperfürth belaufen sich gem. Nr. 7003 VV unter Zugrundelegung einer Wegstrecke von 140 km auf (140 km x 2 x 0,30 EUR =) 84,00 EUR. Nach Nr. 3400 VV erhält der Rechtsanwalt, dessen Auftrag sich auf die Führung des Verkehrs des Beteiligten mit dem Verfahrensbevollmächtigten beschränkt, eine Verfahrensgebühr in Höhe der dem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Verfahrensgebühr, höchstens 1,0. Diese Gebühr ist zu berechnen nach dem maßgeblichen Verfahrenswert, der sich gem. § 43 Abs. 2 FamGKG voraussichtlich auf (Summe der von beiden Beteiligten im jeweiligen VKH-Verfahren angegebenen monatlichen Nettoeinkommen = bis 2.000,00 EUR x 3 =) 6.000,00 EUR belaufen wird, was bei der Beauftragung eines Verkehrsanwalts zu einer Gebühr gem. § 13 RVG i.H.v. 354,00 EUR und damit die voraussichtlichen Reisekosten der beigeordneten auswärtigen Verfahrensbevollmächtigten deutlich übersteigend geführt hätte.
Eine Kostenentscheidung ist gem. § 3 Abs. 2 FamGKG i.V.m. Nr. 1912 GKG-KostVerz. und gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst, dementsprechend auch nicht die Festsetzung des Gegenstandswertes der sofortigen Beschwerde.
AGS, S. 414 - 415