Leitsatz
Hat die Mitteilung des Anwalts, er veräußere die Kanzlei, den Mandanten zu der Antwort veranlasst, der erteilte Auftrag werde nicht mit dem Erwerber weitergeführt, scheidet eine Vergütungsfestsetzung zu dessen Gunsten auch dann aus, wenn der Antrag mit einer Zession des bisherigen Kanzleiinhabers unterlegt ist, der Mandant jedoch schlüssig behauptet, der bisherige Inhaber der Kanzlei habe den Geschäftsbesorgungsvertrag schlecht erfüllt und dadurch einen Anwaltswechsel mit entsprechenden Mehrkosten vorwerfbar verursacht.
OLG Koblenz, Beschl. v. 3.12.2014 – 14 W 731/14
1 Sachverhalt
Der Kläger wendet sich gegen einen Beschluss, durch den gem. § 11 RVG Kosten von 434,16 EUR zugunsten des Rechtsanwalts F. festgesetzt wurden.
Nach dem Beschwerdevorbringen beauftragte der Kläger Rechtsanwalt T. mit der Prozessvertretung.
Unter dem 26.2.2014 teilte der Antragsteller, Rechtsanwalt F., dem Gericht mit, der Kläger werde "von der hiesigen Kanzlei nicht mehr vertreten".
Zur mündlichen Verhandlung am 21.3.2014 erschien der Kläger im Beistand des Rechtsanwalts A.
Auf den von Rechtsanwalt F. erwirkten Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 11 RVG reagierte der Kläger mit dem Hinweis, Rechtsanwalt F. habe ihn nicht vertreten, daher schulde er ihm auch keine Kosten. Später teilte der Kläger mit, der beauftragte Rechtsanwalt T. habe seine Kanzlei an Rechtsanwalt F. verkauft und ihn – den Kläger – gefragt, ob er das erteilte Mandat mit dem Erwerber weiterführen wolle. Das habe er (der Kläger) abgelehnt und sich fortan von Rechtsanwalt A. vertreten lassen.
Hierauf hat Rechtsanwalt F. erwidert, ausweislich des Briefkopfs der Kanzlei habe im Februar 2014 eine Außensozietät bestanden. Dementsprechend habe der Kläger den Auftrag auch ihm als Sozietätsmitglied erteilt. Im Übrigen habe Rechtsanwalt T. seine Ansprüche gegen den Kläger an ihn, Rechtsanwalt F., abgetreten. Die sofortige Beschwerde des Klägers sei, da nicht als solche bezeichnet, bereits unzulässig.
Der Rechtspfleger hat das Rechtsmittel als zulässig, aber unbegründet erachtet und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und führt unter Aufhebung des Beschlusses zur Ablehnung des Kostenfestsetzungsantrags des Rechtsanwalts F.
Dessen Einwand, ein Rechtsmittel sei nicht wirksam eingelegt, verfängt nicht. Richtig ist zwar, dass der Kläger einleitend nur mit der Beanstandung reagiert hat, er sei in der "genannten Angelegenheit … nicht von RA F. vertreten" worden. Der zweite Satz "So können auch keine Kosten entstanden sein" macht jedoch aus dem maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont (§ 133 BGB) hinreichend deutlich, dass der Kläger den zugunsten des Rechtsanwalts F. erlassenen Beschluss anfechten will.
Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Bei den Beanstandungen des Klägers handelt es sich um nichtgebührenrechtliche Einwendungen, die einer Kostenfestsetzung nach § 11 RVG entgegenstehen (§ 11 Abs. 5 S. 1 RVG). Da der Kläger behauptet, ausschließlich Rechtsanwalt T. einen Auftrag erteilt zu haben, kann in der Person des Antragstellers kein Gebührenanspruch entstanden sein.
Dessen Hinweis auf die im Februar 2014 bestehende Außensozietät ist unbehelflich, weil durch die Neugestaltung des Briefkopfes einer Anwaltskanzlei die fehlende Vollmacht eines neu hinzutretenden Sozietätsmitglieds nicht ersetzt werden kann.
Soweit Rechtsanwalt F. seiner fehlenden Sachbefugnis durch Vorlage einer (undatierten!) Abtretung des Rechtsanwalts T. zu begegnen versucht, dürfte das Rechtsgeschäft in der vorliegenden Fallkonstellation nach § 134 BGB nichtig sein (vgl. die Nachweise bei BGHZ 171, 252–260). Das bedarf aber ebenso wenig einer abschließenden Entscheidung wie die weitere Frage, ob das vereinfachte Verfahren nach § 11 RVG einem Zessionar eröffnet ist.
Dem Gesamtzusammenhang des (späteren) Beschwerdevorbringens ist nämlich auch die Behauptung des Klägers zu entnehmen, Rechtsanwalt T. habe in zu beanstandender Weise den für den Kläger kostenträchtigen Anwaltswechsel provoziert und dadurch den mit ihm geschlossenen Vertrag schlecht erfüllt.
Auch das ist ein die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG hindernder materiell-rechtlicher Einwand. Der Antrag musste daher unter Aufhebung des Beschlusses abgelehnt werden.
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz
AGS, S. 396 - 397