I. Gem. § 121 Abs. 2, 2. Alt. ZPO wird einer Partei, wenn die Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Besteht eine anwaltliche Vertretung im Zeitpunkt der Entscheidung des ArbG nicht mehr, so gilt: Ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag die gegnerische Partei nicht mehr vertreten, ist gleichwohl ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Prozesskostenhilfe vom ArbG rückwirkend bewilligt wurde und sie sich dadurch auf einen Zeitraum erstreckt, in dem die Gegenseite anwaltlich vertreten war und lediglich die Versagung der Beiordnung Gegenstand des Rechtsmittels ist. Das hat das LAG Hamm im Beschluss vom 30.12.2008 (14 Ta 996/08) ausführlich begründet. Dem folgt die erkennende Kammer. Mit der rückwirkenden Bewilligung der Prozesskostenhilfe steht fest, dass in diesem Zeitpunkt – soweit die Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 ZPO damals vorlagen – ein Anspruch auf Beiordnung bestand. Eine rückwirkende Beiordnung ist auch nach dem für eine rückwirkende Bewilligung der Prozesskostenhilfe geltenden Grundsätzen zulässig.
Im vorliegenden Fall kann aber offen bleiben, ob diese Voraussetzungen vorlagen. Denn das ArbG hat mit Rückwirkung zum 11.11.2014 Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Berechtigung dieser Prozesskostenhilfebewilligung ist aber im Beschwerdeverfahren über die Versagung der Beiordnung weder bezüglich der Gesichtspunkte Erfolgsaussicht noch Mutwilligkeit noch hinsichtlich Bedürftigkeit und Zeitpunkt vom Beschwerdegericht zu überprüfen (LAG Hamm a.a.O.). Nur die Versagung der Beiordnung ist in der Beschwerdeinstanz angefallen und Gegenstand der Prüfung. Das Beschwerdegericht ist insoweit an die Entscheidung des ArbG gebunden (LAG Hamm a.a.O.).
II. Am 11.11.2014 aber war der Gegner noch i.S.d. § 121 Abs. 2 ZPO vertreten. § 121 Abs. 2 ZPO verwirklicht den auch verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz der Waffengleichheit (vgl. z.B. BGH 26.3.2003 – VIII ZB 104/02). Wenn eine Partei angesichts der Tatsache, dass der Gegner durch einen Anwalt vertreten ist, einen Prozessbevollmächtigten beauftragt, womit diese Waffengleichheit hergestellt wird, dann kommt es nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 121 Abs. 2 ZPO für die Feststellung, ob der Gegner durch einen Anwalt vertreten ist, darauf an, ob diese Vertretung gegenüber der antragstellenden und den Prozessbevollmächtigten beauftragenden Partei noch wirksam ist.
Gem. § 87 Abs. 1 ZPO erlangt in Parteiprozessen die Kündigung des Vollmachtvertrages erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht Wirksamkeit. Die Vollmacht besteht – wenn die Bevollmächtigung dem Gegner oder dem Gericht mitgeteilt worden ist, was im vorliegenden Fall gegeben war – dann solange fort, bis ihr Widerruf dem Gericht und dem Gegner angezeigt sind. Wird der Widerruf nur dem Gericht oder nur dem Gegner mitgeteilt, erlischt die Vollmacht auch nur im Verhältnis zu diesem Empfänger (vgl. statt vieler Zöller/Vollkommer, § 87 Abs. 1 ZPO Rn 1). Das gilt für die Kündigung der Vollmacht durch die gegnerische Partei ebenso wie für die Mandatsniederlegung durch deren Prozessbevollmächtigten (Zöller/Vollkommer, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ging die Anzeige der Mandatsniederlegung durch den ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.11.2014 beim ArbG ein. Am selben Tage wurde "Du an Bekl." vom Gericht verfügt. Der dazugehörige Ab-Vermerk datiert erst vom 11.11.2014. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 24.2.2015 vorgetragen, dass ihm erst am 13.11.2014 der Schriftsatz mit der Niederlegung zugestellt worden ist. Nichts spricht dagegen. Am 11.11.2014 aber ging sowohl die Bestellung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten als auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe ein. Zu diesem Zeitpunkt bestand mithin i.S.d. § 87 Abs. 1 ZPO im Verhältnis zum Beklagten noch die anwaltliche Vertretung des Klägers. Prozesskostenhilfe wurde – wie bereits gesagt – vom ArbG auch rückwirkend ab diesem Tag bewilligt.
Dementsprechend war Rechtsanwalt B dem Beklagten gem. § 121 ZPO beizuordnen.
AGS, S. 413 - 414