Leitsatz
Bei gerichtlichen Entscheidungen des Amtsgerichts nach dem JVEG ist Beschwerdegericht i.S.d. § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG auch dann das Landgericht (nicht das Oberlandesgericht), wenn das Amtsgericht als Familiengericht entschieden hat (entgegen OLG Koblenz v. 5.2.2014 – 13 WF 43/14, MDR 2014, 476).
OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.5.2014 – 4 WF 95/14
1 Aus den Gründen
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Staatskasse gegen die Festsetzung der Vergütung des in der vorliegenden Kindschaftssache tätig gewordenen Übersetzers durch das FamG. Das FamG hat die Beschwerde nach erfolgter Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat die Beteiligten auf die beabsichtigte Verweisung an das für den Bezirk des FamG zuständige LG hingewiesen und ihnen hierzu rechtliches Gehör gewährt.
Die Vorlageverfügung ist abzuändern. Die Beschwerde ist dem zuständigen LG zur Entscheidung vorzulegen.
Zuständig für die Entscheidung über eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Festsetzung der Vergütung eines gerichtlich beauftragten Übersetzers ist das nächsthöhere Gericht (§ 4 Abs. 4 S. 2 JVEG). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist hierunter unabhängig vom Instanzenzug in der Hauptsache das allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht zu verstehen. Das ist für ein AG nach der Organisation der ordentlichen Gerichtsbarkeit das für seinen Bezirk zuständige LG.
Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 4 JVEG bewusst keine Ausnahmeregelung dahingehend getroffen, dass in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1 Nr. 1 (a oder b) GVG bezeichneten Art (Entscheidungen der Familiengerichte) das OLG als Beschwerdegericht zuständig sein sollte, wie dies etwa in § 14 Abs. 4 S. 2 KostO, § 33 Abs. 4 S. 2 RVG oder § 57 Abs. 3 FamGKG bzw. 66 Abs. 3 S. 2 GKG (in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung) geschehen ist. Ein Bedürfnis für eine derartige Ausnahmeregelung hat der Gesetzgeber im Falle des JVEG nicht gesehen, weil die hier zu treffenden Beschwerdeentscheidungen jedenfalls nicht in gleichem Maß Kenntnisse auf dem Gebiet des Familienrechts voraussetzen, wie dies für Fragen der Wertfestsetzung anzunehmen ist (vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, dort zu § 4 JVEG, BT-Drucksache 15/1971, S. 179, 180). Angesichts des klaren Wortlauts der gesetzlichen Regelung und des eindeutig dokumentierten Willens des Gesetzgebers besteht kein Anlass, hiervon abzuweichen (st. Rspr. des Senats, zuletzt Beschl. v. 16.11.2012 – 4 WF 228/12, so auch OLG München FamRZ 2011, 844 [= AGS 2010, 386]; KG FamRZ 2008, 1101 = JurBüro 2008, 378 [= AGS 2008, 198]; OLG Frankfurt OLGR 2006, 896 und OLGR 2008, 194; OLG Brandenburg MDR 2006, 227 = FamRZ 2006, 141; OLG Celle MDR 2013, 981 und MDR 2005, 707; Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 119 GVG Rn 8; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 23. Aufl., § 4 Rn 4; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 2. Aufl., § 4 Rn 15; a.A. OLG Koblenz MDR 2014, 476, ohne Auseinandersetzung mit der Gesetzesbegründung und unter fehlerhafter Zitierung von Zöller/Lückemann sowie Hartmann, KostG, 39. Aufl., § 4 JVEG Rn 26, ohne jegliche Auseinandersetzung mit der Gegenmeinung).
2 Anmerkung
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Sie entspricht den ursprünglichen Intentionen des Gesetzgebers, auf die das Gericht zutreffend hingewiesen hat, lässt sich aber nur mit Blick auf die Historie der Norm verstehen. § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG trat als Art. 2 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1.7.2004 in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt lautete § 66 Abs. 3 S. 2 GKG, der dort die sachliche Zuständigkeit der Beschwerdegerichte bestimmt, noch wie folgt: "Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht." Von einer solchen Sonderregelung hatte der Gesetzgeber in § 4 Abs. 4 JVEG hingegen ausdrücklich abgesehen, da im Bereich des JVEG kein Bedürfnis für eine solche Ausnahmeregelung gesehen wurde, weil die nach dem JVEG zu treffenden Beschwerdeentscheidungen keine besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet des Familienrechts voraussetzen (BT-Drucksache 15/1971, S. 180). Mit Inkrafttreten des FamGKG zum 1.9.2009 wurde § 66 Abs. 3 S. 2 GKG dann geändert und die dortige Sonderregelung zu § 119 Abs. 1 GVG gestrichen. Inhaltliche Änderungen waren damit nicht verbunden, denn die Streichung erfolgte lediglich deshalb, weil die Familiensachen nunmehr im FamGKG geregelt waren.
Es bleibt deshalb dabei, dass nächsthöheres Gericht i.S.d. § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG auch in Familiensachen stets das Landgericht ist, wie es auch in Rspr. und Lit. zutreffend und überwiegend vertreten wird. Aufgrund der Historie und dem Sinn und Zweck der Regelung, dürfte das auch in den übrigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten, in denen nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) GVG das OLG entscheidet.
Der Frage, ob in Familiensachen das LG oder OLG über die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG entscheidet, kommt eine wichti...