BGB § 1365 Abs. 2; RVG VV Vorbem. 3.2.1 Nr. 2a, Nr. 3500
Leitsatz
Verfahren nach § 1365 Abs. 2 BGB sind keine Familiensachen i.S.d. Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. a) VV.
LG Göttingen, Beschl. v. 23.1.2009–5 T 260/08
1 Sachverhalt
Die Parteien haben über drei Instanzen darum gestritten, ob die Antragstellerin von dem Antragsgegner eine Zustimmungsersetzung gem. § 1365 Abs. 2 BGB verlangen kann. Durch rechtskräftigen Beschluss der Kammer sind der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Verfahren erster Instanz und im Beschwerdeverfahren auferlegt worden.
Der Antragsgegner hat daraufhin die Festsetzung der Kosten beantragt, wobei er für das Beschwerdeverfahren eine 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV) und eine 1,2-Terminsgebebühr (Nr. 3104 VV) gem. Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. a) VV in Ansatz gebracht hat. Das Gericht hat antragsgemäß festgesetzt. Dagegen wendet sich die die Antragstellerin. Sie meint, es könnten nach Teil 3 Abschnitt 5 VV jeweils nur eine 0,5-Verfahrensgebühr und eine 0,5-Terminsgebühr festgesetzt werden.
Die zulässige Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Entgegen der Ansicht des AG ist im vorliegenden Fall lediglich jeweils nur eine 0,5-Verfahrensgebühr und eine 0,5-Terminsgebühr festzusetzen. Die Gebührentatbestände als solche liegen vor, nachdem jedenfalls unstreitig im Beschwerdeverfahren ein Mediationstermin stattgefunden hat. Im vorliegenden Fall sind jedoch die Nrn. 3500 ff. VV einschlägig und nicht die Nrn. 3200 ff. VV. Zwar ist richtig, dass es sich bei den Nrn. 3500 ff. VV um Auffanggebührentatbestände handelt. Sie sind nur einschlägig, wenn nicht einer der spezielleren Gebührentatbestände der vorangegangenen Nummern zur Anwendung kommt. Ein solcher speziellerer Gebührentatbestand liegt jedoch hier nicht vor, insbesondere unterfällt das Verfahrensverhältnis der Beteiligten nicht den Nrn. 3200 ff. VV.
In der insoweit heranzuziehenden amtlichen Vorbem. 3.2.1 vor Nr. 3200 VV heißt es:
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„Dieser Unterabschnitt ist auch anzuwenden |
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1) ... |
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2) in Verfahren über Beschwerden ... gegen die den Rechtszug beendenden Entscheidungen
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a) in Familiensachen |
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b) ...“ |
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Mithin kommt es nur darauf an, ob die vorliegende Sache als Familiensache i.S.v. Vorbem. 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) VV anzusehen ist. Dies ist nicht der Fall. Das RVG sowie das Vergütungsverzeichnis enthält selbst keine Definition der Familiensache. Für den Begriff der Familiensachen ist daher auf die Verfahrensordnungen insbesondere des FGG, GVG und ZPO zurückzugreifen. § 64 Abs. 1 FGG verweist für den Begriff der Familiensachen auf die den Familiengerichten zugewiesenen Sachen. § 23b Abs. 1 S. 2 GVG bestimmt die Zuständigkeit in Familiensachen abschließend. In Betracht kommt insoweit allein § 23b Nr. 9 GVG (Ansprüche aus ehelichem Güterrecht = § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO). Der Anspruch auf Zustimmung gem. § 1365 Abs. 2 BGB kann, wenn überhaupt, dem ehelichen Güterrecht zugeordnet werden. Indes ist § 23b Nr. 9 GVG nicht einschlägig. Denn § 1365 Abs. 2 BGB bestimmt ausdrücklich, dass das Verfahren von dem Vormundschaftsgericht zu entscheiden ist (BGH FamRZ 1982, 785 = NJW 1982, 2556). Ausdrücklich hat der BGH dort entschieden, dass die Ersetzung der Zustimmung eines Ehegatten nach § 1365 Abs. 2 BGB keine Familiensache ist, da in § 1365 Abs. 2 BGB das Verfahren ausdrücklich dem Vormundschaftsgericht zugewiesen ist. Ist im Ergebnis aber davon auszugehen, dass die Vorbem. 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) VV nicht einschlägig ist, bleibt es bei dem Auffangtatbestand der Nrn. 3500 ff. VV. Dort ist bestimmt, dass eine Verfahrensgebühr von 0,5 und eine Terminsgebühr von ebenfalls 0,5 geltend gemacht werden können (Nrn. 3500 und 3513 VV).
3 Anmerkung
Die Entscheidung des LG Göttingen betrifft noch die derzeitige bis zum 31.8.2009 geltende Gesetzeslage, die sich mit Wirkung ab dem 1.9.2009 durch Inkrafttreten des FGG-ReformG und der damit eintretenden Modifizierung des § 1365 Abs. 2 BGB n.F. ändern wird.
Angesichts der Tatsache, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des LG Göttingen das FamFG bereits verabschiedet und damit die Gesetzesänderung absehbar gewesen ist, hätte es allerdings nahe gelegen, dies in der Entscheidung entsprechend zu berücksichtigen. Stattdessen scheint das LG Göttingen bereits Mühe gehabt zu haben, den Anspruch eines Ehegatten auf Zustimmung gemäß § 1365 Abs. 2 BGB überhaupt dem ehelichen Güterrecht zuzuordnen und damit in den Bereich einer Familiensache zu bringen. Auch wenn die Entscheidung im Ergebnis aufgrund der damaligen Gesetzeslage natürlich zutreffend ist, wäre ein Hinweis auf das Verfallbarkeitsdatum der Entscheidung wünschenswert und souverän gewesen.
Die Entscheidung hat in der Sache folgenden Hintergrund:
Nach § 1365 Abs. 1 BGB kann sich ein Ehegatte grundsätzlich nur dann zu einer Vermögensverfügung im Ganzen verpflichten, wenn der andere Ehegatte zustimmt. Liegen Gründe für die gesetzlich normierten Ausnahmefälle vor, so kann die Zustimmung des anderen Ehegatten durch das FamG ersetzt werden (§ 1365 Abs. 2 BGB n.F.). Für das Ersetzungsverfahr...