Zu Leitsatz 1:  Weshalb hier der Anwalt einen Vorschuss beantragt hat und weshalb sich das Gericht Gedanken über die Höhe eines Vorschusses macht, ist nicht nachzuvollziehen.

Sicherlich besteht auch in sozialrechtlichen Angelegenheiten ein Recht auf Vorschuss gegen die Landeskasse. Da im Rahmen des § 47 RVG auf die Prozesskostenhilfevergütung ein Vorschuss nur insoweit verlangt werden kann, als Gebühren bereits entstanden sind, ist bei der Frage eines Vorschusses in der Tat zu fragen, inwieweit durch die bisher ausgeübte Tätigkeit der jeweilige Gebührenrahmen unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG ausgefüllt ist.

Anwalt und Gericht haben hier aber übersehen, dass die Gebühren bereits fällig waren. Damit bestand kein Recht auf Vorschuss mehr, sondern lediglich ein Recht auf endgültige Abrechnung.

Nach § 8 Abs. 1 S. 2 RVG wird die Vergütung fällig, wenn ein Verfahren länger als drei Monate ruht. Das war hier der Fall. Folglich war Fälligkeit eingetreten. Dass die Angelegenheit noch nicht erledigt war, ist insoweit unerheblich, da § 8 Abs. 1 S. 2 RVG Fallkonstellationen regelt, in denen auch Teilfälligkeiten eintreten können. Zutreffend hätte hier also eine endgültige Festsetzung beantragt und bewilligt werden müssen.

Zu Leitsatz 2:  Insoweit sind die Ausführungen des Gerichts zutreffend. Während die außergerichtliche Vorbefassung für den Wahlanwalt durch eine Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV (Wertgebühren) und durch den geringeren Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV (Rahmengebühren) berücksichtigt wird, findet sich die Anrechnungsvorschrift beim Beratungshilfeanwalt in Teil 2 VV. Das führt unweigerlich zu Unstimmigkeiten, die der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann. Daher wird zu Recht von der wohl überwiegenden Rechtsprechung die Anrechnung der Beratungshilfegeschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr eines nachfolgenden sozialgerichtlichen Verfahrens abgelehnt.[1]

Norbert Schneider

[1] LSG Nordrhein-Westfalen AGS 2008, 348 m. Anm. N. Schneider = NJW-Spezial 2008, 507 = RVGreport 2008, 389; SG Dresden AGS 2009 229 = RVGreport 2009, 146 = NJW-Spezial 2009, 285; SG Aachen AGSkompakt 2009, 20; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen AGS 2008, 347.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?