1. Es trifft zwar zu, dass sich die im gerichtlichen Verfahren nach der Nr. 3100 VV anfallende 1,3-Verfahrensgebühr durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr nach der Nr. 2300 VV gem. der Vorbem. 3 Abs. 4 VV entsprechend vermindert. Dabei ist es nach der Rspr. des BGH ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (u.a. BGH NJW 2008, 1323; FamRZ 2008, 1346 = AGS 2008, 364; NJW-RR 2008, 1528 = AGS 2008, 441 = JurBüro 2008, 468; AGS 2008, 377 = JurBüro 2008, 529; FamRZ 2008, 2023 = VersR 2008, 1666). Dieser Rspr. des BGH hat sich der Senat mittlerweile in mehreren Entscheidungen aus Gründen der Einheitlichkeit der Rspr. und der Rechtssicherheit angeschlossen.
2. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens kann jedoch bereits nach dem Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 4 VV nur dann in Betracht kommen, wenn die Geschäftsgebühr tatsächlich entstanden ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Rechtsanwalt mit seinem Auftraggeber ein über oder unter dem gesetzlichen Gebührenanspruch liegendes Pauschalhonorar gem. § 4 Abs. 1 RVG vereinbart.
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die von der Beklagten vorgebrachte Vereinbarung einer pauschalen Vergütung durch die im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 20.1.2009 erfolgte anwaltliche Versicherung hinreichend glaubhaft gemacht. Die Glaubhaftmachung reicht im Kostenfestsetzungsverfahren zur Berücksichtigung eines Ansatzes aus (§§ 104 Abs. 2 S. 1, 294 Abs. 1 ZPO). Der Strengbeweis gilt entgegen der Auffassung der Klägerin in diesem vereinfachten Verfahren also nicht.
b) Pauschal- oder Zeithonorare sind keine Geschäftsgebühren i.S.d. Nr. 2300 VV und somit auch nicht gem. der Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 18. Aufl., VV 2300 Rn 39; AnwK-RVG/Rick, 4. Aufl., § 4 Rn 12; OLG Frankfurt AnwBl 2009, 310; zur vergleichbaren Regelung in der BRAGO: Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 3 Rn 28).
c) Entgegen der vom OLG Stuttgart vertretenen Auffassung (Beschl. v. 3.9.2008–8 W 348/08 – AGS 2008, 510 = RVGreport 2008, 468 mit ablehnender Anmerkung von Hansens) kommt die Anrechnung einer fiktiven Geschäftsgebühr auf die angefallene Verfahrensgebühr nicht in Betracht (ebenso: Schons, AnwBl 2009, 203, 204 und AGS 2008, 511; N. Schneider, AGS 2008, 512). Für eine auf § 91 ZPO gestützte Auslegung der Vorbem. 3 Abs. 4 VV dahingehend, dass eine grundsätzlich nach der gesetzlichen Regelung entstandene Geschäftsgebühr nicht durch eine abweichende Gebührenvereinbarung umgangen werden darf, besteht kein Anlass. Eine derartige Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang zu bringen.
d) Die Entscheidung des BGH vom 22.1.2008 (NJW 2008, 1323) steht dem nicht entgegen. Der BGH schließt in der genannten Entscheidung zwar eine Erstattung der Verfahrensgebühr aus, soweit diese wegen der vorzunehmenden Anrechnung "von vornherein nur in gekürzter Höhe" entsteht. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass für die von selbst einsetzende Kürzung entscheidend sei, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden sei. Diese Voraussetzung trifft im Falle der Vereinbarung eines Pauschalhonorars aber gerade nicht zu.
e) Hinzu kommt schließlich, dass die Anrechnung einer fiktiven Geschäftsgebühr bereits rechnerisch schwer möglich wäre, weil der Anteil für eine bestimmte Angelegenheit an dem gesamten Pauschal- oder Zeithonorar auch für die betreffende Partei selbst kaum zu ermitteln sein wird (Hansens, BRAGO, a.a.O.) ...
4. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob eine Anrechnung von Pauschal- oder Zeitvergütungen für eine vorgerichtliche Tätigkeit auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens vorzunehmen ist, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und aufgrund der abweichenden Entscheidung des OLG Stuttgart die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).