ZPO §§ 3, 4, 6, 935, 940; BGB §§ 903, 929, 985
Leitsatz
Zielt ein Herausgabeverlangen im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht auf eine vorläufige Regelung, sondern im wirtschaftlichen Endergebnis auf eine endgültige Befriedigung des Antragstellers, ist bei der Streitwertbemessung kein Abschlag vom Wert der herausverlangten Sache zu machen.
OLG Koblenz, Beschl. v. 26.1.2009–5 W 62/09
1 Sachverhalt
Die Verfügungsklägerin hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dem Verfügungsbeklagten aufgegeben wurde, einen Pkw an sie herauszugeben. Nachdem der Verfügungsbeklagte seinen gegen diesen Beschluss eingelegten Widerspruch zurückgenommen hatte, hat der Einzelrichter den Streitwert auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Verfügungsklägerin, die den Streitwert in der Antragsschrift mit 12.500,00 EUR angegeben hat und diesen nach wie vor als angemessen erachtet. Sie verweist darauf, dass es sich vorliegend um eine Leistungsverfügung handelt und daher der Wert des von ihr im Juli 2007 für 17.500,00 EUR erworbenen Pkws in Ansatz zu bringen sei.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache hier zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren allenfalls der hälftige Wert in Ansatz zu bringen und daher selbst bei Unterstellung eines Fahrzeugswerts von 12.000,00 EUR der festgesetzte Betrag angemessen sei.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Der Gebührenstreitwert bemisst sich gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO für Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nach dem Interesse des Verfügungsklägers an der Sicherung des Anspruchs. Da in der Regel eine vorläufige Entscheidung erstrebt wird, bleibt es bei den meisten einstweiligen Verfügungen bei einer Bruchteilsbewertung im Rahmen der unteren Hälfte des Hauptsachewertes (Zöller, 27. Aufl., § 3 Stichwort einstweilige Verfügung).
Bei Herausgabeansprüchen kommt der vorläufige Charakter der im Wege einer einstweiligen Verfügung beantragten und getroffenen Maßnahme dadurch besonders zum Ausdruck, dass die Herausgabe nur an einen Gerichtsvollzieher oder Sequester angeordnet wird. Eine solche Maßnahme nimmt den Erfolg einer Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg, so dass es in diesem Fall verfehlt ist, den Streitwert in Höhe der Hauptsache festzusetzen (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn 2731).
Wenn eine Herausgabeverfügung aber praktisch zur Befriedigung des Gläubigers führt, kann es angebracht sein, den Streitwert auf den vollen Wert der Hauptsache zu schätzen. Denn dann kommt das Herausgabeverlangen wirtschaftlich dem Hauptsacheverfahren gleich (a.a.O. Rn 1637).
Dies ist vorliegend der Fall. Das Interesse am Erlass der begehrten Verfügung deckt sich mit dem Befriedigungsinteresse. Der Antrag der Verfügungsklägerin war auf eine endgültige Regelung gerichtet, indem sie Herausgabe des Fahrzeugs an sich verlangt hat. Wird aber im Wege der einstweiligen Verfügung Herausgabe einer Sache an den Antragsteller selbst und nicht nur an einen Sequester verlangt, so fehlt es an der Vorläufigkeit und ist für den Streitwert der volle Wert der Sache ohne den sonst im Verfügungsverfahren üblichen Abschlag anzusetzen (so auch OLG Köln OLGR 1999, 336).
Die Verfügungsklägerin verlangt die Herausgabe des Pkw, so dass der Hauptsachewert durch den Wert des Wagens im Zeitpunkt der Instanzeinleitung bestimmt wird (§§ 4, 6 ZPO). Der von ihr mit 12.500,00 EUR angegebene Wert erscheint angesichts der Fahrzeugdaten und des von der Verfügungsklägerin noch im Sommer 2007 gezahlten Kaufpreises von 17.500,00 EUR, auch unter Berücksichtigung des durch die eingereichten Photos dokumentierten derzeitigen Zustandes, nicht überhöht.
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz