FamGKG §§ 50 Abs. 1, 59; RVG § 32 Abs. 1; VersAusglG § 18
Leitsatz
- Wird ohne nähere Angaben eine Beschwerde auf Heraufsetzung des Verfahrenswertes erhoben, so ist davon auszugehen, dass diese im Namen des Verfahrensbevollmächtigten erhoben ist.
- Bei der Festsetzung des Verfahrenswertes in Versorgungsausgleichssachen ist das Nettoeinkommen i.S.d. § 50 Abs. 1 FamGKG aus dem Erwerbseinkommen ohne Berücksichtigung individueller Zu- und Abschläge zu bestimmen.
- Ein Wert ist auch dann festzusetzen, wenn nach § 18 VersAusglG eine Entscheidung nicht getroffen wird.
- Ost- und West-Renten sind als gesonderte Anwartschaften i.S.d. § 50 Abs. 1 FamKG zu bewerten.
- Eine Billigkeitskorrektur des nach § 50 Abs. 1 FamGKG gefundenen Wertes nach § 50 Abs. 3 FamGKG kommt in Betracht, wenn der Wert zu Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache in keinem vertretbaren Verhältnis steht.
Von einem solchen Fall ist auszugehen, wenn
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nur Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen sind, |
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alle Anwartschaften verhältnismäßig gering sind und |
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der Ehezeitanteil einer Anwartschaft (hier die aus den neuen Ländern) gering war, so dass ein Ausgleich insoweit unterblieb. |
OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.7.2010–15 WF 131/10
Sachverhalt
Das FamG hat nach Scheidung der Ehe und Durchführung des Versorgungsausgleichs den Verfahrenswert des Versorgungsausgleichs auf 1.000,00 EUR festgesetzt. Der dagegen gerichteten Beschwerde, die keine ausdrückliche Erklärung enthält, ob sie namens des Antragstellers oder namens des Verfahrensbevollmächtigten eingelegt wurde, hat das FamG nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt: Der in § 50 Abs. 1 FamGKG genannte Wert sei so zu verstehen, dass damit 10 % des Werts der Ehesache gemeint seien. Da dieser Wert auf 2.000,00 EUR festgesetzt worden sei, ergebe sich insgesamt ein Wert unterhalb des Mindestwerts von 1.000,00 EUR. Davon abgesehen entspreche ein höherer Wert als 1.000,00 EUR auch nicht der Billigkeit i.S.d. § 50 Abs. 3 FamGKG.
Aus den Gründen
Die Beschwerde ist gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an der Beschwer. Ziel der Beschwerde ist die Erhöhung des Gegenstandswerts. Durch eine zu geringe Festsetzung werden nicht die Beteiligten, sondern nur deren Verfahrensbevollmächtigte beschwert. Gem. § 32 Abs. 2 RVG kann der Verfahrensbevollmächtigte aber aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Wertfestsetzung einlegen.
Zwar wird in der Beschwerdeschrift nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, ob die Beschwerde im eigenen Namen des Verfahrensbevollmächtigten oder im Namen des Antragstellers eingelegt wurde. Jedoch sind Beschwerden, mit denen eine Erhöhung des Gegenstandswerts angestrebt wird, im Zweifel dahingehend auszulegen, dass der Verfahrensbevollmächtigte Beschwerde im eigenen Namen und aus eigenem Recht einlegt, da nur dann überhaupt eine zulässige Beschwerde vorliegt (Hartmann, KostG, 40. Aufl., § 32 RVG Rn 14).
Auch der Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR (§ 59 Abs. 1 FamGKG) wird erreicht.
2. Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zwar geht der Beschwerdeführer zu Recht davon aus, dass der nach § 50 Abs. 1 FamGKG zu ermittelnde Wert 2.115,00 EUR beträgt. Allerdings ergibt eine Billigkeitskorrektur nach § 50 Abs. 3 FamGKG den vom AG angenommenen Wert von 1.000,00 EUR.
a) Gem. § 50 Abs. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht, über das mit der Scheidung entschieden wird, 10 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten.
Das FamG hat dazu aus Vereinfachungs- und Praktikabilitätsgründen die Auffassung vertreten, es seien 10 Prozent des Wertes der Ehesache (§ 43 FamGKG) anzusetzen. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Zwar soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/10144, S. 111) in § 50 Abs. 1 FamGKG ein Gleichklang mit § 43 FamGKG hergestellt und so der Aufwand für die Wertfestsetzung begrenzt werden. Eine völlige Gleichsetzung scheidet jedoch schon deshalb aus, weil die Einkommensverhältnisse, definiert als Nettoeinkommen der letzten drei Monate, in § 43 FamGKG nur ein Faktor unter mehreren zur Bemessung des Wertes sind, während sie in § 50 FamGKG allein maßgeblich sind.
Hinzu kommt, dass die Grundsätze, wie sie von der Rspr. für die Ermittlung des in Ehesachen maßgeblichen Einkommens (§ 43 Abs. 2 FamGKG) entwickelt wurden, nicht vollständig für die Bestimmung des Wertes in Versorgungsausgleichssachen geeignet sind. Bei der Wertermittlung nach § 43 FamGKG wird das Einkommen noch um individuelle Belastungen, etwa Kindesunterhalt und Schulden bereinigt, aber auch um Einkünfte aus Unterhalt oder Vermögen erhöht. Die Höhe von Versorgungsanrechten, insbesondere solcher aus der gesetzlichen Rentenversicherung, bestimmt sich aber meist nach dem reinen Erwerbseinkommen (auch darauf weist die Begründung zu § 50 FamGKG hin, BT-Drucks 16/10144, a.a.O.). Daher ist das Nettoeinkommen i.S.d. § 50 FamGKG aus dem Erwerbseinkommen ohne Berücksichtigung individueller Zu- und Abschläge zu bestimmen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.5.2010–18 WF 91/10 [AGS...