Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Verfahrenswerts im Scheidungsverfahren und beim Versorgungsausgleich
Normenkette
FamGKG § 43 Abs. 1, § 44 Abs. 1-2, § 50 Abs. 1; FamFG § 137
Verfahrensgang
AG Potsdam (Beschluss vom 08.01.2013; Aktenzeichen 45 F 201/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird der Verfahrenswertfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengerichts - Potsdam vom 8.1.2013 abgeändert. Der Verfahrenswert für das Scheidungsverbundverfahren in I. Instanz wird auf 22.600 festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Wert für das Scheidungsverbundverfahren der Beteiligten auf insgesamt 18.480 EUR (13.200 EUR für die Ehesache zzgl. 5.280 EUR für die Folgesache Versorgungsausgleich) festgesetzt. Dabei ist es von einem Nettoeinkommen des Antragstellers von 3.000 EUR und einem Nettoeinkommen der Antragsgegnerin von 1.400 EUR ausgegangen.
Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, mit der diese eine zu geringe Bewertung des Verfahrens rügen.
Das Familiengericht habe bei der Berechnung des Wertes der Ehesache zu Unrecht nur die Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nicht jedoch auch deren Vermögen berücksichtigt. Aus einem vom Antragsteller in Bezug genommenen notariellen Ehevertrag, der zwischen den Beteiligten nur wenige Wochen vor Anhängigkeit des Scheidungsantrages geschlossen worden war, ergebe sich, dass das Vermögen der Beteiligten 186.000 EUR betragen habe.
Dies rechtfertige es, den Wert der Ehesache auf insgesamt 19.000 EUR festzusetzen.
Darüber hinaus sei auch der Verfahrenswert für die Folgesache Versorgungsausgleich zu gering bemessen. Neben zwei Anrechten in der betrieblichen Altersversorgung und einem Anrecht in der gesetzlichen Altersversorgung des Antragstellers seien ein Ost- und ein Westanrecht der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung Gegenstand des Verfahrens gewesen, so dass der Verfahrenswert für die Folgesache Versorgungsausgleich nicht lediglich mit 5.280 EUR [(3.000 EUR + 1.400 EUR) × 3 × 10 % × 4 Anrechte], sondern richtigerweise mit 6.600 EUR [(3.000 EUR + 1.400 EUR) × 3 × 10 % × 5 Anrechte] anzusetzen sei.
Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Bei einem unstreitigen Scheidungsverfahren, welches keinen besonderen Aufwand verursache, bestehe generell kein Anlass, neben dem Erwerbseinkommen der Ehegatten auch deren Vermögen für die Bemessung des Verfahrenswertes heranzuziehen. Für die Bewertung der Folgesache Versorgungsausgleich seien das Ost- und das Westanrecht der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung als ein Anrecht i.S.v. § 50 Abs. 1 FamGKG zu betrachten, da hieraus später eine einheitliche Rente gezahlt werde.
II.1. Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 FamGKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2. Für die Wertberechnung des Scheidungsverbundverfahrens gelten gem. § 44 Abs. 1 FamGKG alle in den Verbund einbezogenen Familiensachen (§ 137 FamFG) als ein Verfahren. Der Verfahrenswert ist dabei gem. § 44 Abs. 2 FamGKG in der Weise zu ermitteln, dass zunächst die Einzelwerte aller in den Verbund einbezogenen Verfahren zu ermitteln und danach zu addieren sind.
a) Gemäß § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert für die Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen des Gerichts. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall soll die Festsetzung angemessener Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten ermöglichen (BVerfG NJW 1989, 1985). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten sowie der Umfang und die Bedeutung der Sache als Bewertungskriterien gleichrangig in die Gesamtabwägung einzubeziehen.
aa) Während für die übrigen Bemessungsfaktoren keine gesetzliche Berechnungsvorschrift existiert, gibt § 43 Abs. 2FamGKG eine konkrete Berechnungsweise für den Einkommensbetrag vor, der in die Wertberechnung einzubeziehen ist, nämlich das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten. Diesen Betrag hat das Familiengericht auf der Grundlage der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in nicht zu beanstandender Weise mit 13.200 EUR ermittelt [(Nettoeinkommen des Antragstellers: 3.000 EUR + Nettoeinkommen der Antragsgegnerin: 1.400 EUR) × 3]. Dagegen erinnert die Beschwerde nichts.
bb) Zu Recht rügt die Beschwerde indes, dass bei der Wertberechnung nicht auch die Vermögensverhältnisse der Beteiligten berücksichtigt worden sind. Dass es sich bei der Ehesache um ein Verfahren gehandelt hat, in dem keine...