Verfahrensgang
AG Strausberg (Beschluss vom 12.12.2023; Aktenzeichen 29 F 205/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Verfahrenswertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Strausberg vom 12.12.2023 abgeändert. Der Verfahrenswert für das Scheidungsverbundverfahren in I. Instanz wird auf 18.300 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Wert für das Scheidungsverbundverfahren der Beteiligten auf 14.700 EUR für die Ehesache und auf 1.000 EUR für die Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzt. Dabei ist es von einem Nettoeinkommen der Ehegatten von 3.500 EUR und 1.400 EUR ausgegangen.
Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, mit der diese eine zu geringe Bewertung des Verfahrens rügt und eine Festsetzung von insgesamt 24.300 EUR begehrt.
Das Familiengericht habe bei der Berechnung des Einkommens der Ehegatten in unzutreffender Höhe Abschläge für die beiden gemeinsamen Kinder getätigt und das Vermögen der Ehegatten in unzutreffender Höhe in der Wertberechnung berücksichtigt.
II. Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 FamGKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
Für die Wertberechnung des Scheidungsverbundverfahrens gelten gem. § 44 Abs. 1 FamGKG alle in den Verbund einbezogenen Familiensachen (§ 137 FamFG) als ein Verfahren. Der Verfahrenswert ist dabei gem. § 44 Abs. 2 FamGKG in der Weise zu ermitteln, dass zunächst die Einzelwerte aller in den Verbund einbezogenen Verfahren zu ermitteln und danach zu addieren sind.
a) Gem. § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert für die Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen des Gerichts. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall soll die Festsetzung angemessener Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten ermöglichen (BVerfG, NJW 1989, 1985). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten sowie der Umfang und die Bedeutung der Sache als Bewertungskriterien gleichrangig in die Gesamtabwägung einzubeziehen.
aa) Während für die übrigen Bemessungsfaktoren keine gesetzliche Berechnungsvorschrift existiert, gibt § 43 Abs. 2FamGKG eine konkrete Berechnungsweise für den Einkommensbetrag vor, der in die Wertberechnung einzubeziehen ist, nämlich das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten. Das Familiengericht hat das Erwerbseinkommen der Eheleute auf der Grundlage ihrer übereinstimmenden Angaben in nicht zu beanstandender Weise ermittelt. Hinzu kommt allerdings das Kindergeld.
Nach allgemeinem Verständnis ist Nettoeinkommen der Betrag, der nach Abzug aller auf die Einkünfte entfallenden Abzüge, wie Steuern, Abgaben und Kosten, zum Verbrauch verbleibt (BeckOK KostR/Neumann, 44. Ed. 1.1.2024, FamGKG § 43 Rn. 17). Ob Kindergeld dem Nettoeinkommen zuzurechnen ist, ist streitig (zum Streitstand vergleiche BeckOK KostR/Neumann a.a.O., Rn. 32 ff.). Weil die Eltern hinsichtlich der Verwendung des Kindergeldes ebenso frei sind, wie bei der Verwendung ihrer übrigen Einkünfte, der Kindergeldbezug ihnen zumindest den Einsatz anderer Mittel für den Unterhalt ihrer Kinder erspart und damit ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert, folgt der Senat der Auffassung, die das Kindergeld als Einkommen berücksichtigt (vgl. OLG Brandenburg, 2. Familiensenat - 10 WF 111/15 - BeckRS 2016, 4258; Senat - 13 WF 20/10 - BeckRS 2010, 16587; BeckOK KostR/Neumann, aaO, FamGKG § 43 Rn. 32b). Das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beträgt damit 16.200 EUR ([3.500 EUR + 1.400 EUR + 2 × 250 EUR ] × 3).
Hiervon abzuziehen sind für die gegenüber den beiden Kindern bestehenden Unterhaltsverpflichtungen Beträge in Höhe von 300 EUR für jedes Kind (vgl. OLG Brandenburg, 2. Familiensenat, 10 WF 71/15 - BeckRS 2016, 4621; Senat - 13 WF 20/10 - BeckRS 2010, 16587; Senat - 13 WF 3/22 - BeckRS 2022, 5796; Senat - 13 WF 123/20 - BeckRS 2021, 2653; BeckOK KostR/Neumann, a.a.O., § 43 FamGKG Rn. 85). Danach ist insoweit ein Betrag von 15.600 EUR anzusetzen.
bb) Dem Grunde nach ebenfalls zutreffend, der Höhe nach aber zu niedrig hat das Amtsgericht das Vermögen der Ehegatten mit in die Verfahrenswertberechnung einbezogen.
Es widerspräche Wortlaut, Sinn und Zweck der Wertvorschrift des § 43 FamGKG nur einzelne Aspekte der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, wie das Einkommen, in die Wertermittlung einfließen zu lassen, während andere, wie das Vermögen, generell unberücksichtigt zu lassen. Bei einer solchen Vorgehensweise würde dem sozialen Asp...