RVG VV Nrn. 3102, 3103

Leitsatz

  1. Auch dann, wenn der Prozessbevollmächtigte bereits im Antrags- oder Widerspruchsverfahren für den Antragsteller tätig geworden ist, bemisst sich die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Eilverfahren nach Nr. 3102 VV.
  2. Die Erinnerung gegen die Festsetzung der PKH-Vergütung ist weder an eine Form noch an eine Frist gebunden (§ 56 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 7 S. 1 und i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG e contrario). Diese Vorschriften sind insofern lex specialis zu § 197 Abs. 2 SGG, der die Kostenfestsetzung allein im Verhältnis der Beteiligten zueinander betrifft, nicht aber das Verhältnis zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der Staatskasse über die Höhe der im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe von der Staatskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen.

SG Gelsenkirchen, Beschl. v. 2.2.2010 – S 27 SF 3/10 E

Sachverhalt

Im Streit steht, ob den Erinnerungsführern als ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe die aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV in Höhe von 250,00 EUR oder nach Nr. 3103 VV in Höhe von 125,00 EUR zzgl. einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV zustehen.

Gegenstand des dem Erinnerungsverfahren zugrunde liegenden Rechtsstreits war das Begehren der Antragsteller, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Den Antragstellern wurde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Erinnerungsführer bewilligt. Im Erörterungstermin haben die Antragsteller das Verfahren für erledigt erklärt.

Die Erinnerungsführerin hat daraufhin die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 827,05 EUR beantragt und dabei folgende Einzelpositionen angegeben:

 
Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV) zzgl. Erhöhungsgebühr (Nr. 1008 VV)   475,00 EUR
Terminsgebühr (Nr. 3106 VV)   200,00 EUR
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV)   20,00 EUR
Zwischensumme 695,00 EUR  
Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV)   132,05 EUR
Gesamtsumme   827,05 EUR

Auf Nachfrage des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärten die Erinnerungsführer, die Antragsteller bereits vor Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Antragsgegnerin vertreten zu haben.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle daraufhin hat die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 487,90 EUR festgesetzt und dabei folgende Einzelpositionen berücksichtigt:

 
Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV)   100,00 EUR
Gebührenerhöhung (Nr. 1008 VV)   90,00 EUR
Terminsgebühr (Nr. 3106 VV)   200,00 EUR
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV)   20,00 EUR
Zwischensumme 410,00 EUR  
Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV)   77,90 EUR
Gesamtsumme   487,90 EUR

Begründet hat er dies im wesentlichen damit, dass für das in Dauer und Umfang unterdurchschnittliche Verfahren nur unterdurchschnittliche Verfahrensgebühren geltend gemacht werden könnten. Zudem sei zu beachten, dass die Erinnerungsführer die Antragsteller bereits außergerichtlich in einem gleichartigen Sachverhalt vertreten hätten, so dass Nr. 3103 VV zur Anwendung gelange.

Gegen diese Festsetzung wenden sich die Erinnerungsführer mit ihrer Erinnerung. Es sei im Einzelnen dargelegt worden, dass die Antragsteller zwar außergerichtlich bereits zuvor vertreten worden seien, aber nicht in gleichgelagerten Angelegenheiten. Daher könne nicht nachvollzogen werden, warum Nr. 3103 VV vorliegend einschlägig sei. Auch die Herabsetzung auf 100,00 EUR dieser Verfahrensgebühr könne nicht akzeptiert werden.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung teilweise abgeholfen und 544,43 EUR festgesetzt. Hierbei hat er folgende Einzelpositionen berücksichtigt:

 
Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV)   125,00 EUR
Gebührenerhöhung (Nr. 1008 VV)   112,50 EUR
Terminsgebühr (Nr. 3106 VV)   200,00 EUR
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV)   20,00 EUR
Zwischensumme 475,50 EUR  
Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV)   86,93 EUR
Gesamtsumme   544,43 EUR

Der darüber hinausgehenden Erinnerung hat er nicht abgeholfen.

Aus den Gründen

Hinsichtlich der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV ist die Mittelgebühr in Höhe von 250,00 EUR als angemessen und billig anzusehen; Nr. 3103 VV findet vorliegend keine Anwendung. Die geltend gemachte Erhöhungsgebühr ist nach Nr. 1008 VV in Höhe von 225,00 EUR für die Vertretung von insgesamt vier Antragstellern entsprechend festzusetzen.

Die gem. § 55 Abs. 1 S. 1 RVG erfolgte Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung kann im Wege der Erinnerung gem. § 56 Abs. 1 S. 1 RVG überprüft werden. Über die Erinnerung entscheidet das Gericht des Rechtszuges, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Diese Ersterinnerung ist weder an eine Form noch an eine Frist gebunden, § 56 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 7 S. 1 und i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG e contrario. Diese Vorschriften sind insofern lex specialis zu § 197 Abs. 2 SGG, der die Kostenfestsetzung allein im Verhältnis der Beteiligten zueinander betrifft, nicht aber das Verhältnis zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der Staat...

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