GKG §§ 41 Abs. 1 und Abs. 2, 45 Abs. 1 S. 3
Leitsatz
Erhebt der Mieter gegen eine Kündigung Klage auf Feststellung von deren Unwirksamkeit und verlangt der Vermieter widerklagend Räumung, so werden der Wert der Feststellungsklage und der Widerklage wegen § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht zusammengerechnet. Dies gilt auch, wenn sich die Widerklage noch gegen weitere Bewohner richtet.
OLG München, Beschl. v. 18.5.2010–32 W 1288/10
Sachverhalt
Die klagende Mieterin hatte zunächst auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung ihres Wohnraummietverhältnisses (monatliche Kaltmiete 600,00 EUR) geklagt. Nach Zustellung der Klage und dem Ausspruch weiterer Kündigungen hat die beklagte Vermieterin Widerklage gegen die Klägerin und Drittwiderklage gegen weitere Mitbewohner auf Räumung erhoben. Das AG hatte den Streitwert für Klage und Widerklage jeweils in Höhe der Jahresmiete (7.200,00 EUR) festgesetzt und ist damit zu einem Gesamtwert von 14.400,00 EUR gelangt. Auf die Streitwertbeschwerde hin hat das LG die erstinstanzliche Wertfestsetzung dahin abgeändert, dass insgesamt nur ein Wert von 7.200,00 EUR gelte. Die dagegen zugelassene weitere Beschwerde zum OLG hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
1. Das LG hat im angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Die Streitwerte für Klage und Widerklage seien nicht zu addieren, da sie denselben Gegenstand beträfen. Wenngleich mehrere Kündigungen existierten, habe die Feststellungsklage doch die Feststellung der Fortsetzung des Mietverhältnisses zum Ziel gehabt. Dies sei mit dem Interesse der Räumungsklage identisch.
2. Die angefochtene Entscheidung hält der auf Rechtsfehler (§ 68 Abs. 4 S. 2 GKG, § 546 ZPO) beschränkten Nachprüfung durch den Senat stand. Die Streitwerte von Klage und Widerklage sind vorliegend wegen § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht zusammenzurechnen.
a) Zu Recht ging das LG davon aus, dass Klage und Widerklage denselben Gegenstand i.S. dieser Vorschrift betreffen. Derselbe Gegenstand liegt vor, wenn sich die geltend gemachten Ansprüche gegenseitig ausschließen mit der Folge, dass die Zuerkennung des einen Anspruchs zugleich die Aberkennung des anderen Anspruchs zur Folge hat (BGHZ 43, 33; BGH NJW-RR 2005, 506; OLG Celle MDR 2007, 1286). Davon ist hier aufgrund der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehen. Entscheidend ist, dass Klage und Widerklage bzw. Drittwiderklage ein identisches Rechtsverhältnis betreffen. Gegenstand der Klage ist die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung; sie zielt daher wirtschaftlich betrachtet auf die Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses ab. Die Widerklage betrifft die Räumung der Wohnung. Voraussetzung für die Stattgabe der Widerklage ist das Nichtfortbestehen des Mietverhältnisses. Die Widerklage betrifft insofern eine Forderung, die bereits in der Klageforderung enthalten ist. Streitwert von Klage und Widerklage wären nur dann zu addieren, wenn sich die negative Feststellungsklage gegen weiter gehende, über die Widerklageforderung hinausgehende Forderungen richten würde (OLG Düsseldorf MDR 2003, 236; BGH NJW-RR 2006, 16). Dies ist jedoch hier nicht der Fall.
b) Auch der Umstand, dass die Widerklage gegen weitere Personen gerichtet war, ändert daran nichts (OLG Celle OLGR 2009, 1025). Trotz Einbeziehung weiterer Widerbeklagter erhöht sich der Streitwert nicht. Mit ihrer Klage erstrebten die Kläger wirtschaftlich ein Weniger.
Anmerkung
I. Unzulässigkeit der Klage
Zunächst ist einmal festzuhalten, dass die Klage bereits unzulässig war, was allerdings für den Streitwert keine Rolle spielt, da auch unzulässige Klagen ihren Wert haben. Mit einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO kann nur die Feststellung eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Die Wirksamkeit einer Kündigung ist aber kein Rechtsverhältnis. Keine Überlegungen hat das Gericht angestellt zu der Frage, ob ein – falscher – Klageantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung umzudeuten ist in einen Antrag auf Feststellung des Fortbestehens des Rechtsverhältnisses. Die Feststellungsklage hätte vorliegend also zutreffender Weise dahin gerichtet werden müssen, festzustellen, dass das Mietverhältnis fortbestehe. Gerade hier zeigt sich auch, dass es nicht auf die Anzahl der Kündigungen ankommen kann, weil Gegenstand der Feststellung das Mietverhältnis selbst sein muss. Unabhängig von der Anzahl der Kündigungen gibt es aber nur ein einziges Mietverhältnis. Die Rechtslage darf nicht mit der Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht verwechselt werden. Dort ist nämlich ausnahmsweise einmal die Kündigung selbst Gegenstand des Rechtsstreits.
II. Wert der Klage
Entgegen der Auffassung des OLG handelte es sich nicht um eine negative Feststellungsklage, sondern um eine positive Feststellungsklage, da der Streit nicht um negative Rechtsfolgen geführt wurde, sondern um positive (Fortbestand des Mietverhältnisses). Ein Feststellungsabschlag ist insoweit allerdings nach zutreffender Ansicht hier dennoch nicht vorz...