BNotO § 15 Abs. 2; RVG VV Nr. 3100, 3500, Vorbem. 3 Abs. 4
Leitsatz
- Das Beschwerdeverfahren vor dem LG nach § 15 Abs. 2 BNotO ist – auch kostenrechtlich – ein Verfahren des zweiten Rechtszugs, das sich an das erstinstanzlich vor dem Notar geführte und mit der ablehnenden Entscheidung des Notars beendete Verfahren anschließt. Dem anwaltlichen Vertreter eines Beteiligten steht daher nur eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV zu.
- Eine Anrechnung der im Verfahren vor dem Notar entstandenen Geschäftsgebühr findet nicht statt.
KG, Beschl. v. 10.7.2009–1 W 93/09
Sachverhalt
Die Beteiligten zu 1) bis 4) – teils als Gesellschafter bürgerlichen Rechts – sind Verkäufer, die Beteiligten zu 5) bis 8) Erwerber eines aus mehreren Objekten bestehenden Grundbesitzes, der durch notariellen Vertrag veräußert wurde. Die Beteiligten zu 5) bis 8) sollten jeweils die einzelnen Objekte zu Alleineigentum, sämtliche Objekte insgesamt aber nur gemeinsam erwerben. In Nr. 3.3.11 des Vertrages wurde die Auszahlung des jeweiligen Kaufpreisteils von einer konstitutiven Fälligkeitsmitteilung des Notars "bezogen auf sämtliche Kaufgegenstände" abhängig gemacht; eine Fälligkeitsmitteilung "bezogen auf einzelne oder für ein einzelnes Objekt" war ausgeschlossen. Die Erwerber waren zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, "sofern die Fälligkeitsvoraussetzungen für den Kaufpreis nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beurkundung eingetreten sind". Die Parteien stritten, ob die Fälligkeitsvoraussetzungen hinsichtlich der Kaufgegenstände IV – Erwerber die Beteiligten zu 6) – und VIa – Erwerber die Beteiligten zu 8) – erfüllt waren. Auf den Antrag der Erwerber erließ der Notar einen Vorbescheid des Inhalts, dass er die Fälligkeitsmitteilung gem. Nr. 3.3 des Vertrages nicht erteilen werde, es sei denn, das LG weise ihn hierzu im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gem. § 15 Abs. 2 BNotO an. Die gegen diesen Vorbescheid eingelegte Beschwerde der Verkäufer hat das LG zurückgewiesen und den Beteiligten zu 1) bis 4) auferlegt, den Beteiligten zu 5) bis 8) die diesen entstandenen notwendigen Auslagen nach einem Beschwerdewert von 2.274.615,00 EUR (1/10 des Gesamtkaufpreises) zu erstatten. Die Rechtspflegerin hat mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss antragsgemäß eine 1,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV, die Erhöhungsgebühr 3 x 0,3 gem. Nr. 1008 VV sowie die Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV festgesetzt, insgesamt 18.411,20 EUR. Die Beteiligten zu 1) bis 4) wenden sich gegen die Kostenfestsetzung insgesamt und wegen der Höhe der Gebührenansätze.
Aus den Gründen
Die Verfahrensgebühr bestimmt sich nach Nr. 3500 VV. Insoweit hat die Beschwerde Erfolg.
a) Für das Verfahren bei "Beschwerden" nach § 15 Abs. 2 BNotO (wie auch nach § 54 BeurkG) gelten die Vorschriften des FGG über das Beschwerdeverfahren, §§ 19 ff. FGG. Der Notar nimmt dabei die Stellung ein, die sonst im Beschwerdeverfahren das erstinstanzliche Gericht hat, dessen Entscheidung vom Beschwerdegericht überprüft wird (OLG Hamm DNotZ 1989, 648/649, vgl. auch Reithmann, in: Schippel/Bracker, BNotO, 8. Aufl., § 15 Rn 78; Haug, DNotZ 1992, 18/19; Senat, DNotZ 71, 494). Dementsprechend hat das LG vorliegend die Kostenerstattung nach der für das Beschwerdeverfahren geltenden Vorschrift des § 13a Abs. 1 S. 2 FGG angeordnet.
b) Die Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren bestimmt sich nach Teil 3 Abschnitt 5 VV, hier also nach Nr. 3500 VV; sie beträgt daher 0,5. Ausgenommen sind nach Vorbem. 3.5 VV die in Vorbem. 3.1 Abs. 2 VV und Vorbem. 3.2.1 VV genannten Verfahren. Durch Vorbem. 3.1 Abs. 2 VV wird das Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 1065 ZPO den in Teil 3 Abschnitt 1 VV geregelten Verfahren des ersten Rechtszugs zugeordnet. In Vorbem. 3.2.1 VV werden "bestimmte Beschwerden enumerativ aufgeführt, die in Teil 3 Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 VV den Berufungen gleichgestellt sind. Die Notarbeschwerden nach § 15 Abs. 2 BNotO, § 54 BeurkG gehören nicht hierzu."
c) Allerdings hat das OLG Köln (Senat für Notarsachen, Beschl. v. 30.7.2008–2 VA (Not) 2/07, AGS 2008, 543 = DNotZ 2009, 396 f.) die Auffassung vertreten, dass die Aufzählung der Beschwerdeverfahren, für die die Gebühren wie bei einem Berufungsverfahren festzusetzen sind, in Vorbem. 3.2.1 VV nicht abschließend und diese Regelung deshalb entsprechend auf das Beschwerdeverfahren in Notarsachen anzuwenden ist (ebenso Lemke, in: Schippel/Bracker, a.a.O., § 111 Rn 58). Das OLG Köln beruft sich auf die Motive zu Vorbem. 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 VV (BT-Drucks 15/1171 S. 213, s. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., VV Vorbem. 3.2.1, Rn 1), wonach der Gesetzgeber eine einheitliche Handhabung erreichen wollte "in allen Beschwerderechtszügen in der Hauptsache eines streitigen Verfahrens, die mit dem Berufungsverfahren vergleichbar sind, auch wenn sich dieses nach den Vorschriften des FGG richtet". Für das Beschwerdeverfahren vor dem BGH nach § 111 Abs. 4 BNotO, § 42 Abs. 4 bis 6 BRAO trifft dies zu, da auch das erstinstanzliche Beschlussverfahren des § 111 BNotO, §§ 40, 41 BRAO im Wesentlichen eine...