FamFG §§ 58, 61 Abs. 1, 111 Nr. 10, 112 Nr. 3, 266, 113 Abs. 1 ZPO §§ 91a, 567 ff.
Leitsatz
- Die Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache in einer Familienstreitsache ist gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG nach den Vorschriften der ZPO zu treffen, also nach § 91a ZPO.
- Die Beschwerde gegen diese Kostenentscheidung richtet sich nach § 91a Abs. 2 ZPO und somit nach den §§ 567 ff. ZPO, denn der Verweis auf das Kostenrecht der ZPO in § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG hat zur Folge, dass auch das zugehörige Rechtsmittelrecht nach der ZPO Anwendung findet.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.4.2011 – 15 UF 86/11
1 Sachverhalt
Antragsteller und Antragsgegnerin sind getrennt lebende Eheleute. Die Trennung erfolgte während des Jahres 2008. Die steuerliche Zusammenveranlagung für das Jahr 2008 ist für den Antragsteller günstiger als eine getrennte Veranlagung. Er forderte von der Antragsgegnerin, der Zusammenveranlagung (§§ 26, 26b EStG) zuzustimmen und verpflichtete sich schriftlich, die ihr dadurch entstehenden steuerlichen Nachteile auszugleichen. Ihm gegenüber gab die Antragstellerin eine Zustimmungserklärung nicht ab und auch gegenüber dem Finanzamt hatte sie geäußert, sie werde eine solche Erklärung nicht abgeben. Daraufhin nahm der Antragsteller sie gerichtlich auf Zustimmung in Anspruch. Während des Verfahrens teilte das zuständige Finanzamt mit, dass es den der Antragsgegnerin bereits erteilten Einkommensteuerbescheid, mit dem sie getrennt veranlagt worden war, aufgehoben habe, weil es die Beteiligten zusammen veranlagen werde und erließ hiernach auch einen Steuerbescheid, mit dem die Zusammenveranlagung erfolgte.
Der Antragsteller hat daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Das FamG hat die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und dies damit begründet, dass dem Antragsteller der Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung zustehen dürfte. Ungeklärt sei aber, ob das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag bestanden habe.
Die dagegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wird der Beschwerdewert erreicht, der sich nicht nach § 61 Abs. 1 FamFG (mehr als 600,00 EUR), sondern nach § 567 Abs. 2 ZPO (mehr als 200,00 EUR) bemisst. Die dem angefochtenen Beschluss beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist insofern unzutreffend.
Die Beschwerde ist gem. §§ 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 Nr. 3, 113 Abs. 1 FamFG, 91a Abs. 2 S. 1, 567 ff. ZPO statthaft. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 ZPO) und auch der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 EUR (§ 567 Abs. 2 ZPO).
Der vorliegende Streit um die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung ist eine sonstige Familiensache nach § 111 Nr. 10 i.V.m. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (vgl. Keidel/Giers, FamFG, 16. Aufl., § 266 Rn 14 "Steuerfragen") und damit eine Familienstreitsache (§ 112 Nr. 3 FamFG).
Die Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache in einer Familienstreitsache ist gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG nach den Vorschriften der ZPO zu treffen, also nach § 91a ZPO. Die Beschwerde gegen diese Kostenentscheidung richtet sich nach § 91a Abs. 2 ZPO und somit nach den §§ 567 ff. ZPO, denn der Verweis auf das Kostenrecht der ZPO in § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG hat zur Folge, dass auch das zugehörige Rechtsmittelrecht nach der ZPO Anwendung findet (Senat, Beschl. v. 10.1.2011 – 15 WF 2/11). Demgegenüber wird zwar, allerdings meist im Zusammenhang mit Unterhaltsstreitsachen, für die mit § 243 FamFG eine eigenständige Kostenregelung existiert, auch die Auffassung vertreten, dass die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung nach § 58 FamFG zu beurteilen ist (so OLG Oldenburg FamRZ 2010, 1831). Die Anwendung des § 58 FamFG hätte zur Folge, dass die Beschwerde nur zulässig wäre, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigen würde (§ 61 Abs. 1 FamFG), was vorliegend nicht der Fall ist. Der Antragsteller, der davon ausgeht, dass die den Beschwerdegegenstand bildenden Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung der Gebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit 600,00 EUR übersteigen würden, übersieht, dass die Gebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehört (Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 104 Rn 21 "Geschäftsgebühr").
Die Frage, ob Kostenentscheidungen nach Erledigung der Hauptsache gem. § 58 FamFG mit der befristeten Beschwerde oder nach 91a Abs. 2 ZPO mit sofortiger Beschwerde angefochten werden können, wurde im Gesetzgebungsverfahren erörtert. Für eine aus der richterlichen Praxis geforderte ausdrückliche Klarstellung sah der Gesetzgeber keinen Anlass, weil sich diese Frage bereits ohne weitere Ergänzungen aus dem Gesetz – i.S.d. Anwendbarkeit des § 91a Abs. 2 ZPO – beantworten lasse. Zwar handle es sich bei der Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache um eine Endentscheidung gem. § 38 FamFG, gegen die nach § 58 Abs. 1 FamFG die Beschwerde stattfinde, aber nur, sofern durch Ges...