BGB § 823 Abs. 3 StGB §§ 23, 27, 263
Leitsatz
Verwendet eine Firma eine Internetseite, die das Verständnis erweckt, durch das Herunterladen von Softwareprogrammen würden keine Kosten verursacht, und wird tatsächlich ein Mindestabonnement abgerechnet, ist kein Vertrag darüber zustande gekommen. Erhalten die Internetseiten keinen Hinweis auf Kosten für das Herunterladen von Programmen und wird dem Nutzer nicht eindeutig vermittelt, dass eine kostenlose Programmnutzung mit der Anmeldung entfällt, stellt eine anwaltliche Geltendmachung der Forderung einen versuchten Betrug dar. Es fehlt an der Abgabe einer seine Kostenpflicht begründenden rechtsgeschäftlichen Erklärung seitens des Verbrauchers. Ist der Firma und dem Anwalt bekannt, dass ihr tatsächlich keine Forderungen zustehen, so beruht das Geschäftsmodell offensichtlich auf der Erwartung, in den überwiegenden Fällen Zahlungen zu erhalten. Sind dem Verbraucher durch die unberechtigte Inanspruchnahme Kosten zur Abwehr der Forderung entstanden, so besteht ein Schadensersatzanspruch in Form der Freistellung dieser Kosten gegen den Anwalt.
AG Osnabrück, Urt. v. 19.10.2010 – 66 C 83/10
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten um Schadensersatz, resultierend aus der anwaltlichen Abwehr einer durch den Beklagten geltend gemachten Forderung.
Der Beklagte ist als Rechtsanwalt tätig und vertrat die Internetfirma NN (NN) in einer Vielzahl von Fällen. Die Firma bot auf der Seite www.NN.de Softwareprogramme an, die legal unentgeltlich genutzt werden können. Am 16.8.2009 meldete sich der Kläger durch Ausfüllen eines entsprechenden Anmeldeformulars auf der Internetseite der Firma NN an, um als kostenlos deklarierte Software herunterzuladen. Mit dem Schreiben der Firma NN v. 31.8.2009 wurde ihm aufgrund seiner Anmeldung ein Jahresabonnement zum Preis von 96,00 EUR in Rechnung gestellt. Der Kläger lehnte die Zahlung ab und wurde mit dem anwaltlichen Schreiben des Beklagten v. 18.9.2009 erneut zur Zahlung zuzüglich der Mahn- und Rechtsanwaltskosten aufgefordert. Mit dem Auftrag des Klägers wiesen seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben v. 25.9.2009 den Anspruch zurück. Der Beklagte reagierte mit Schreiben v. 29.9.2009 mit dem Forderungsverzicht. Der Kläger verlangt die Freistellung von der Gebührenforderung seiner Rechtsanwälte, entstanden durch deren zur Anspruchsabwehr verursachten Tätigkeit.
Der Kläger behauptet, wegen des Angebots der kostenfrei nutzbaren Softprogramme keine mit der Anmeldung verbundene Vergütungspflicht bemerkt zu haben. Heruntergeladen habe er nur Freeware. Er ist der Ansicht, der Beklagte unterstütze mit seiner anwaltlichen Mahnung das betrügerische Verhalten der Firma NN, weil er aufgrund der vielen gleichartigen Fälle Kenntnis von dem täuschenden Geschäftsgebaren seiner Mandantschaft gehabt habe. Mit dem bei Gegenwehr regelmäßig erklärten Forderungsverzicht werde die Kenntnis vom fehlenden Forderungsbestand dokumentiert.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er sieht eine mit der Anmeldung verbundene Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des Abonnements. Ein betrügerisches Vorgehen sei nicht erkennbar.
2 Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 23, 27 StGB ableitbaren Schadensersatzanspruch, geltend gemacht im Wege eines Freistellungsanspruchs i.H.v. 46,41 EUR. Dies sind die ihm gegenüber am 25.9.2009 anwaltlich abgerechneten Kosten, die zur Abwehr einer von dem Beklagten für die Firma NN geltend gemachten Forderung i.H.v. insgesamt 138,00 EUR entstanden sind. Diese für den 12-Monatszugang für www.NN.de erhobene Forderung bestand nicht, was sowohl dem Beklagten als auch der von ihm vertretenen Firma bekannt war. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Ein Vertrag über das von der Firma NN (NN) abgerechnete Monatsabonnement i.H.v. 96,00 EUR ist nicht zustande gekommen, weil der Kläger keine seine Kostenpflicht begründende rechtsgeschäftliche Erklärung abgegeben hat. Vielmehr ergab sich aus der von der Firma NN verwendeten Internetseite für den Beklagten das Verständnis, durch das Herunterladen von Softwareprogrammen keine Kosten zu verursachen. Unstreitig enthalten die ersten Seiten keinen Hinweis auf Kosten für das Herunterladen von Programmen, die zudem anderweitig legal kostenlos heruntergeladen werden können. Auf diese Art und Weise wurde dem Kläger suggeriert, jedenfalls einen Teil des Angebots der Firma NN kostenlos zu erhalten. Zum Herunterladen eines solchen unentgeltlichen Programms wird man zur Anmeldermaske geführt, auf welcher der Kostenhinweis in kleiner Schrift und außerhalb des Anmeldevorgangs mit folgendem Text enthalten ist:
"Folgende Inhalte erhalten Sie im Memberbereich! Durch Drücken des Buttons “Anmelden’ entstehen Ihnen Kosten von 96,00 EUR inkl. Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 8,00 EUR). Vertragslaufzeit 2 Jahre".
Mit dem Hinweis auf den "Memberbereich" ist keine Information darüber verbunden, wie sich dieser Bereich zu den kostenlos verfügbaren Programmen verhält. Dass eine kostenlose Programmnutzu...