Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, aber auch nach Nrn. 1005 und 1006 VV, wird den Prozessbevollmächtigten nur in den seltensten Fällen zugebilligt. Die Anforderungen an den Anfall dieser Gebühr werden nämlich von der Rspr. recht hoch angesetzt.
1. Anwaltliche Mitwirkung
Nach der Rspr. löst eine anwaltliche Tätigkeit, die nur allgemein auf die Förderung des Verfahrens gerichtet ist, die Erledigungsgebühr nicht aus. Vielmehr muss ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits vorliegen (BVerwG RVGreport 2012, 103 [Hansens]; BSG RVGreport 2014, 149 [Ders.]; BSG RVGreport 2011, 256 [Ders.]; Bay. LSG RVGreport 2006, 263 [Ders.]; LSG NRW RVGreport 2006, 61 [Ders.]; Hansens, RVGreport 2007, 32 ff.). Wann diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist von der Rspr. in vielen einzelnen Fallgestaltungen entschieden worden (s. hierzu Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl., 2021, Nr. 1002 VV RVG Rn 40 ff.).
2. Einzelfälle
a) Vorlage von Urkunden
Die bloße Vorlage von Urkunden, die sich im Besitz der Partei befinden, stellt eine zum Anfall der Erledigungsgebühr führende anwaltliche Mitwirkung dann dar, wenn das Verfahrensrecht die Vorlage von der Partei nicht verlangt (s. BVerwG RVGreport 2012, 103 [Hansens]). Dies gilt auch dann, wenn es im sozialrechtlichen Vorverfahren nicht zu den Mitwirkungspflichten des Rechtsanwalts gehört, selbst Beweismittel wie ärztliche Befundberichte betreffend den Mandanten zu beschaffen oder erstellen zu lassen (BSG JurBüro 2009, 132 = NJW 2009, 3804). Folglich muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Beschaffung eines Beweismittels nach dem jeweiligen Verfahrensrecht dem Mandanten obliegt (BVerwG, a.a.O.; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 1002 VV Rn 57). Dies hat hier das OVG des Saarlandes zwar nicht getan. Da der Kläger jedoch bereits im Besitz der von ihm in der Klageschrift erwähnten Bestätigungen der Spitzenverbände der Naturwerksteinwirtschaft befand, dürfte die Vorlage keine besondere über den Geltungsbereich der Verfahrensgebühr hinausgehende Tätigkeit gewesen sein. So genügt bspw. die bloße Vervielfältigung und Vorlage eines bereits vorhandenen Beweismittels nach Auffassung des BSG (RVGreport 2009, 63 [Hansens]: für einen privaten Versicherer erstelltes Gutachten) nicht, was ich nicht für zutreffend erachte. Demgegenüber kann die Vorlage eines Strafurteils aus einem laufenden Strafverfahren, das mit dem betreffenden sozialgerichtlichen Verfahren im Zusammenhang steht, zum Anfall der Erledigungsgebühr führen (BSG RVGreport 2014, 149 [Hansens]).
b) Einwirken des Rechtsanwalts auf seinen Mandanten
Auch das Einwirken des Prozessbevollmächtigten auf seinen Mandanten, das letztlich zur Erledigung oder Teilerledigung des Rechtsstreits führt, kann eine zum Anfall der Erledigungsgebühr führende besondere Mitwirkung darstellen. Dabei soll es nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg (RVGreport 2011, 341 [Hansens]) noch nicht genügen, wenn der Anwalt mit seinem Mandanten einen gerichtlichen Vorschlag erörtert und mit ihm bespricht, wie der Mandant reagieren soll. Demgegenüber kann schon eine anwaltliche Mitwirkung in dem Fall vorliegen, wenn der Anwalt auf seinen Mandanten einwirkt, sich mit einer Teilaufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes zufriedenzugeben (s. etwa OVG NRW AGS 2000, 226; FG Köln RVGreport 2009, 343 [Hansens]). Hierzu genügt bereits eine Beratung des Mandanten in der Sitzungspause (s. OVG NRW AnwBl. 1999, 612) oder eine telefonische Befürwortung eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags (s. Hess. FG EFG 1970, 58). Im Fall des Bay. LSG (RVGreport 2019, 458 [Hansens] = JurBüro 2019, 574) ging die Tätigkeit des Rechtsanwalts der Klägerin sogar darüber hinaus. Seinem Telefonat mit der Mandantin und ihrer Familie lag kein gerichtlicher (Vergleichs-)Vorschlag zugrunde. Vielmehr hatte der Anwalt seiner Mandantin aus eigenem Antrieb den Vorschlag gemacht, sich mit der Teilerledigung durch Neubestimmung des Kinderzuschlags für den Zeitraum ab 2013 und der vorliegenden Berechnung für den davorliegenden Zeitraum einverstanden zu erklären.
3. Verfahrensweise für den Rechtsanwalt
Diese kurzen Hinweise auf die Rspr. zu einigen Fällen der anwaltlichen Mitwirkung zeigen, dass der Anfall der Erledigungsgebühr ganz entscheidend von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Der Rechtsanwalt sollte deshalb mithilfe der (Kommentar-)Lit. prüfen, ob es für seine anwaltliche Tätigkeit in dem betreffenden Verfahren eine oder gar mehrere Gerichtsentscheidungen gibt, die in vergleichbaren Fällen den Anfall der Erledigungsgebühr bejaht haben. In einem solchen Fall sollte der Anwalt dann in seinem Kostenfestsetzungsantrag oder in seinem Antrag auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung die für den Anfall geltend gemachten Erledigungsgebühr sprechenden Nachweise zitieren. Im Fall des OVG des Saarlandes hatte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers diese Arbeit nicht gemacht; er hatte seine Beschwerde gegen den Beschluss des VG des Saarlandes entgegen seiner Ankündigung n...