Nach der Kostenregelung in dem Vergleich hat der Beklagte "9/10 der Verfahrensgebühr" übernommen, ohne dass ausdrücklich erwähnt wird, ob es dabei um die gerichtliche Verfahrensgebühr oder (auch) um die den beiden Prozessbevollmächtigten der Parteien entstandene Verfahrensgebühr handelt. Die Kostenregelung in dem Vergleich bedarf somit einer Auslegung. Für die Auslegung der Vergleichsregelung ist entscheidend auf den Wortlaut des Vergleichs abzustellen,[1] der die Verfahrensgebühr in der Einzahl nennt. Bei der Auslegung kann deshalb nicht auf Urkunden oder Umstände abgestellt werden, die nicht Bestandteil des Titels sind.[2] Folglich ist eine vom Wortlaut des Vergleichs abweichende Auslegung nicht zulässig.

Die Nennung der Verfahrensgebühr in der Einzahl spricht dafür, dass von der Kostenregelung die nur einmal entstandene gerichtliche Verfahrensgebühr erfasst wird und nicht auch die in der Mehrzahl entstandenen anwaltlichen Verfahrensgebühren der Prozessbevollmächtigten der Parteien.[3]

Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Kläger lediglich einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten i.H.v. 9/10 der gerichtlichen Verfahrensgebühr hat. Die seinem Prozessbevollmächtigen angefallene Verfahrensgebühre nach Nr. 3100 VV wird hingegen von der weiteren Regelung im Vergleich erfasst, nach der die übrigen Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden. Somit hat jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und folglich auch die Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV selbst zu tragen, sodass eine anteilige Festsetzung der anwaltlichen Verfahrensgebühr gegen den Beklagten nicht in Betracht kommt, weil es insoweit an einem Vollstreckungstitel fehlt.

[1] OLG Nürnberg AGS 2021, 374 [Hansens].
[2] OLG Koblenz AGS 2016, 203.
[3] OLG Koblenz, a.a.O.

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