1. Gesetzliche Grundlage
Die Verfahrens- oder die Geschäftsgebühr erhöht sich nach Nr. 1008 VV für jede weitere Person um den Gebührensatz von 0,3, wenn Auftraggeber des Rechtsanwalts in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind. Bei Wertgebühren, wie sie im vorliegenden Fall angefallen sind, gilt dies nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1008 VV nur dann, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist.
2. Dieselbe Angelegenheit
Eine Voraussetzung für die Berechnung der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV ist demnach, dass der Rechtsanwalt mehrere Personen als Auftraggeber in derselben Angelegenheit vertreten hat. Dies war hier teilweise nicht der Fall. Soweit die Prozessbevollmächtigte die X Privat- und Firmenkundenbank AG im Mahnverfahren vertreten hat, was sich dem mitgeteilten Sachverhalt nicht zweifelsfrei entnehmen lässt, ist sie gegenüber dem anschließenden Klageverfahren in verschiedenen Angelegenheiten tätig geworden. Das Mahnverfahren und das streitige Verfahren sind nämlich gem. § 17 Nr. 2 RVG verschiedene Angelegenheiten, was auch daraus folgt, dass bspw. Nr. 3305 VV die Anrechnung der für die Vertretung des Antragstellers anfallenden 1,0-Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr für den nachfolgenden Rechtsstreit anordnet.
Die Prozessbevollmächtigte war jedoch insoweit in derselben Angelegenheit tätig, als sie für die Klägerin sowohl unter deren Firmierung X Privat- und Firmenkundenbank AG als auch in der neuen Firmierung Y Bank AG im nachfolgenden Rechtsstreit tätig gewesen ist.
3. Mehrere Personen als Auftraggeber
Die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV erfordert ferner, dass der Rechtsanwalt mehrere Personen als Auftraggeber hat. Diese Voraussetzung lag hier nach Auffassung des OLG Dresden nicht vor. Zwar habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit der X Privat- und Firmenkundenbank AG und der Y Bank AG zu dem Zeitpunkt des Mahnverfahrens sowie zum Zeitpunkt der Klagebegründung zwei eigenständige juristische Personen vertreten. Jedoch sei die Prozessbevollmächtigte zunächst nur für die X Privat- und Firmenkundenbank AG tätig geworden. Die Verschmelzung der beiden Gesellschaften habe nicht dazu geführt, dass die Anwältin in der Folgezeit eine weitere eigenständige juristische Person vertreten hätte. Die übertragene Rechtsträgerin, nämlich die X Privat- und Firmenkundenbank AG, sei zwar erloschen. Deren Vermögen sei jedoch kraft Gesetzes als Ganzes und ohne gesonderten Übertragungsakt den übernehmenden Rechtsträger, die Y Bank AG, übergegangen. Infolge dieser Verschmelzung sei das Klageverfahren nicht gem. § 246 Abs. 1 ZPO unterbrochen worden. Die Klägerin sei ohne Weiteres durch die bisherige Prozessbevollmächtigte auch nach der Verschmelzung vertreten worden. Folglich habe die Prozessbevollmächtigte zu keinem Zeitpunkt mehrere Parteien vertreten.
4. Sinn und Zweck der Gebührenerhöhung
Aus dem Sinn und Zweck der Nr. 1008 VV ergibt sich nach Auffassung des OLG Dresden keine andere Beurteilung. Durch die Verschmelzung der beiden Gesellschaften habe sich das Haftungsrisiko der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht erhöht. Sie habe auch keinen Mehraufwand gehabt, da sie stets nur eine Mandantin und nicht mehrere Mandanten habe unterrichten müssen.
5. Kein Fall wie bei OLG Nürnberg AGS 2010, 167
Nach den weiteren Ausführungen des OLG Dresden kann sich die Klägerin auch nicht auf die Entscheidung des OLG Nürnberg AGS 2010, 167 berufen. In jenem Falle hatten die Prozessbevollmächtigten zunächst eine Landeskreditbank als Beklagte und in der Folgezeit deren Gesamtrechtsnachfolgerin, eine Landesbank, vertreten. Hinsichtlich der Landeskreditbank hatten die Anwälte geltend gemacht, diese sei nicht mehr existent und deshalb (im Handelsregister) gelöscht worden. Nachdem der Kläger im Falle des OLG Nürnberg seine Klage geändert hatte und sie nunmehr gegen die Rechtsnachfolgerin der Landeskreditbank, die Landesbank, gerichtet hatte, hatten die Prozessbevollmächtigten nunmehr auch die Landesbank vertreten. In jenem Fall hatte das OLG Nürnberg die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV zugebilligt.
In einem vergleichbaren Fall hatte das OLG Koblenz (Beschl. v. 7.3.2001 – 14 W 138/01) den Anfall der Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO bejaht. In jenem Fall hatte der Prozessbevollmächtigte für eine nicht existente juristische Peron deren Nichtexistenz geltend gemacht und sodann die nunmehr in Anspruch genommenen Beklagten vertreten. Daran hat das OLG Koblenz in seinem Beschl. v. 17.12.2009 (14 W 820/09, RVG professionell 2010, 21) im Grundsatz festgehalten.
Auf diese Rspr. konnte sich die Klägerin hier nach Auffassung des OLG Dresden nicht mit Erfolg berufen. Den Unterschied hat das OLG Dresden zu seinem Fall darin gesehen, dass im Fall des OLG Nürnberg (Gleiches gilt für die vom OLG Dresden nicht angeführten Entscheidungen des OLG Koblenz) Klage gegen eine nicht mehr existente Partei erhoben worden war und die Klage nachfolgend gegen denjenigen geändert worden war, der zu einem früheren Zeitpunkt Rechtsn...