Ich sehe die Rechtslage nicht ganz so eindeutig in dem für die Prozessbevollmächtigte nachteiligen Sinn, wie es das OLG Dresden getan hat. Ich hätte es deshalb lieber gesehen, wenn das OLG die Sache durch den Senat in voller Besetzung entschieden und die Rechtsbeschwerde an den BGH zugelassen hätte.
1. Mehrere Auftraggeber
Das OLG Dresden hat für seine Begründung auch auf die Fälle verwiesen, in denen nach dem Tod des das Mandat erteilenden Erblassers die Erbengemeinschaft den Rechtsstreit fortführen lässt. Gerade für diese Fallgestaltung hat der vom OLG Dresden angeführte Kommentar Gerold/Schmidt/Müller-Rabe (25. Aufl., 2021, Nr. 1008 VV RVG Rn 82) die Auffassung vertreten, dass die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV anfalle. Es komme nämlich nicht darauf an, wie viele Geschäftsbesorgungsverträge abgeschlossen worden seien, sondern darauf, für wie viele Personen der Rechtsanwalt auftragsgemäß tätig werden solle. Da Partei des Verfahrens nicht mehr der Erblasser sei, sondern vielmehr an seine Stelle die Mitglieder der Erbengemeinschaft getreten seien und jeder einzelne Erbe durch den Anwalt vertreten sei, führe dies zum Anfall der Gebührenerhöhung. Somit fällt dem Rechtsanwalt die erhöhte Verfahrensgebühr unabhängig davon an, ob die Erben den Auftrag gegenüber dem Rechtsanwalt erneuert haben oder ob sie den Rechtsanwalt gebeten haben, den ursprünglich vom Erblasser erteilten Prozessauftrag weiterzuführen. Der Rechtsanwalt hat nämlich auch in einem solchen Fall mehrere Auftraggeber (s. Hansens, RVGreport 2018, 162). Dem hat sich die ganz überwiegende Auffassung in Rspr. und Lit. angeschlossen (s. etwa OLG Hamburg MDR 1989, 830; OLG Brandenburg AGS 2008, 21 = JurBüro 2007, 524; OLG Stuttgart JurBüro 1990, 1610; OLG Köln AGS 2014, 451 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2014, 362 [Hansens]; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O.; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., 2020, § 91 Rn 13.34 "Erben").
Der vom OLG Dresden entschiedene Sachverhalt ist m.E. mit der Fortsetzung des Rechtsstreits durch die Erbengemeinschaft des verstorbenen Erblassers durchaus vergleichbar. Mit dem Erbfall sind kraft Gesetzes die Rechte und Pflichten des Erblassers auf dessen Erben übergegangen. Bis zum Erbfall hat der Prozessbevollmächtigte nur den Erblasser, danach nur dessen Erben vertreten. Nicht anders ist dies im Fall des OLG Dresden. Bis zur Verschmelzung hatte die Prozessbevollmächtigte die X Privat- und Firmenkundenbank AG vertreten, nach der Verschmelzung dann die Y Bank AG.
2. Mehraufwand unerheblich
Die Ausführungen des OLG Dresden hierzu sind gebührenrechtlich unerheblich. Ob dem Prozessbevollmächtigten durch die Vertretung der Y Bank AG ein Mehraufwand erwachsen ist, spielt für den Anfall der Gebührenerhöhung keine Rolle (s. allgemein BGH Rpfleger 1984, 202; BVerwG AGS 2000, 173; BSG AGS 2010, 373 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2010, 258 [Hansens] = NJW 2010, 3533 je zu § 6 Abs. 1 BRAGO; OLG Köln AGS 2014, 451 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2014, 362 [Hansens] zu Nr. 1008 VV). I.Ü. dürfte der Prozessbevollmächtigten ein – wenn auch noch so geringer – Mehraufwand dadurch entstanden sein, dass sie prüfen musste, ob die bisherige Auftraggeberin, die X Privat- und Firmenkundenbank AG. durch die Verschmelzung erloschen und deren Vermögen auf die Y Bank AG übergegangen ist. Hierdurch erhöhte sich i.Ü. auch das Haftungsrisiko der Rechtsanwältin.
Im Ergebnis spricht somit einiges dafür, dass die von der Klägerin geltend gemachte Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV ihrer Prozessbevollmächtigten angefallen ist.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 8/2021, S. 354 - 356