Nr. 1000 VV RVG
Leitsatz
Für das Entstehen einer Einigungsgebühr für den Rechtsanwalt reicht es nicht aus, dass der Schuldner lediglich die Ratenzahlung aufnimmt. Etwas anderes gilt, wenn der Schuldner ausdrücklich eine Vereinbarung unterzeichnet und zurücksendet, in der eine Einigungsgebühr übernommen wurde.
AG Osterode, Beschl. v. 17.3.2021 – 5 M 85/20
I. Sachverhalt
Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid. Da der Schuldner mit Schreiben vom 26.1.2020 um die Gewährung von monatlichen Ratenzahlungen i.H.v. 50,00 EUR gebeten hatte, übersandte der Gläubiger ihm mit Schreiben vom 13.2.2020 eine Ratenzahlungsvereinbarung. Das Schreiben enthielt auch einen Hinweis auf die mit der Ratenzahlungsvereinbarung verbundenen zusätzlichen Kosten in Höhe einer Einigungsgebühr nebst Auslagen. Der Schuldner wurde zudem gebeten, das Schreiben unterschrieben zurückzuschicken. Unten rechts auf dem Schreiben war folgende Erklärung mit einem darunter vorgesehenen Unterschriftsfeld abgedruckt:
Zitat
"Mit dem Inhalt dieses Schreibens, insbesondere mit der Ratenzahlungsvereinbarung und der damit verbundenen Einigungsgebühr erkläre ich mich einverstanden."
Dem Schreiben fügte der Gläubiger eine Forderungsaufstellung bei, in der auch die Einigungsgebühr nebst Auslagen enthalten war. Eine Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens durch den Schuldner erfolgte nicht. Vielmehr zahlte der Schuldner lediglich am 5.3.2020 eine erste Rate i.H.v. 50,00 EUR.
Am 7.4.2020 ging beim Gerichtsvollzieher der Vollstreckungsauftrag des Gläubigers ein, wobei in der Forderungsaufstellung auch eine Einigungsgebühr enthalten war. Der Gerichtsvollzieher hat die Einigungsgebühr mangels Vorliegens einer schriftlichen Ratenzahlungsvereinbarung nebst Kostenübernahmeerklärung durch den Schuldner abgesetzt.
Hiergegen wendet sich der Gläubiger mit der Erinnerung. Er ist der Auffassung, mit der Aufnahme der Ratenzahlung am 5.3.2020 in Kenntnis des Schreibens vom 13.2.2020 habe sich der Schuldner konkludent mit der Ratenzahlungsvereinbarung inkl. Kostenübernahme einverstanden erklärt.
Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II. Aufnahme der Ratenzahlung ist keine Erklärung zur Übernahme der Kosten
Zu Recht hat der Gerichtsvollzieher die Forderungsaufstellung um die Einigungsgebühr reduziert, weil keine Erklärung des Schuldners über die Übernahme der Kosten der Ratenzahlungsvereinbarung vorliegt.
Gemäß der Rspr. des BGH können die Kosten eines Vollstreckungsvergleichs nach § 788 Abs. 1 ZPO nur dann beigetrieben werden, wenn der Schuldner in dem Vergleich die Kosten übernommen hat. Ohne eine solche Kostenübernahmevereinbarung sind die Vergleichskosten in entsprechender Anwendung von § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen (vgl. BGH AGS 2006, 214 = RVGreport 2006, 196). Die Zustimmung des Schuldners zur Übernahme der Kosten der Vereinbarung kann mangels eines normierten Schriftformerfordernisses auch mündlich oder konkludent erfolgten. Vorliegend kann allerdings eine konkludente Übernahmeerklärung des Schuldners hinsichtlich der Einigungsgebühr nicht erkannt werden.
Für eine konkludente Willenserklärung ist maßgeblich, ob der rechtsgeschäftliche Wille unmittelbar aus der auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten Sprache oder mittelbar aus Indizien geschlossen werden kann. Ob diese Indizien den Schluss auf den rechtsgeschäftlichen Willen tatsächlich erlauben, ist im Wege der Auslegung aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zu beurteilen (vgl. MüKo-BGB, 8. Aufl., 2018, BGB, Vorb. § 116 Rn 6). Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Regelung in § 98 ZPO als Regelfall für den Abschluss eines Vergleichs die gegenseitige Kostenaufhebung vorsieht. Sofern hiervon durch Vereinbarung abgewichen werden soll, muss der entsprechende Erklärungswille eindeutig zum Ausdruck gebracht werden bzw. müssen die vorliegenden Indizien den sicheren Schluss auf einen entsprechenden Erklärungswillen zulassen.
Vorliegend kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers nicht der sichere Schluss gezogen werden, dass mit der Zahlung der ersten Rate i.H.v. 50,00 EUR auch das Einverständnis des Schuldners mit der Übernahme der Einigungsgebühr verbunden war. Denn der Schuldner hat den im Schreiben des Gläubigers vom 13.2.2020 enthaltenen Passus "Mit dem Inhalt dieses Schreibens, insbesondere mit der Ratenzahlungsvereinbarung und der damit verbundenen Einigungsgebühr erkläre ich mich einverstanden“ trotz der entsprechenden Aufforderung des Gläubigervertreters gerade nicht unterzeichnet und zurückgesandt. Vielmehr hat er lediglich die Ratenzahlung i.H.v. 50,00 EUR aufgenommen, um die er zuvor selbst bereits gebeten hatte. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass der Schuldner auch mit der Übernahme der Einigungsgebühr einverstanden war, sondern kann auch einzig und allein als Ausdruck des Willens des Schuldners zur ratierlichen Zahlung verstanden werden – unter gleichzeitiger Ablehnung der Übernahme weiterer Kosten. Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass in dem Schreiben auf die Entstehu...