§§ 86, 103 ff., 239 ZPO; §§ 149 Abs. 1, 155 FGO
Leitsatz
- Ein Kostenfestsetzungsantrag, mit dem der Prozessbevollmächtigte die Kostenfestsetzung zugunsten seines während des Rechtsstreits verstorbenen Mandanten beantragt, ist zurückzuweisen.
- Der Prozessbevollmächtigte kann nach dem Tod seines Mandanten Prozesserklärungen nicht weiter in dessen Namen abgeben, sondern aufgrund der Fortgeltung seiner Prozessvollmacht nur mit Wirkung für und gegen dessen Erben.
- Solange die Erbfolge nach dem verstorbenen Mandanten nicht eindeutig geklärt ist, hat der Prozessbevollmächtigte nur die Möglichkeit, den Kostenfestsetzungsantrag für die "unbekannten Erben" des verstorbenen Mandanten zu stellen.
FG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 25.3.2022 – 5 Ko 166/22
I. Sachverhalt
Die Rechtsanwältin erhob als Prozessbevollmächtigte für Herrn A vor dem FG Dessau-Roßlau Klage. Herr A verstarb während des Klageverfahrens. Nachdem sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hatte, erließ das FG am 4.9.2020 einen Kostenbeschluss, nach dem die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Auf Klägerseite war im Rubrum dieses Beschlusses der Verstorbene Herr A mit seiner letzten Wohnanschrift vermerkt.
Hieraufhin beantragte die Prozessbevollmächtigte gem. § 149 FGO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO für den verstorbenen Herrn A die Festsetzung der Kosten gegen die Beklagte. In dem Kostenfestsetzungsantrag gab die Rechtsanwältin an, ihr Mandant sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. I.Ü. nehme sie an, dass die Ehefrau ihres Mandanten und seine beiden Kinder dessen Erben seien. Eine letztwillige Verfügung gebe es nicht, ein Erbschein sei nicht vorhanden.
Die zu dem Kostenfestsetzungsantrag angehörte Beklagte erhob gebührenrechtliche Einwendungen, beanstandete die Höhe des den Anwaltsgebühren zugrunde gelegten Streitwertes und machte ferner geltend, die Prozessbevollmächtigte sei zur Kostenfestsetzung nicht berechtigt.
Die mit dem Kostenfestsetzungsantrag befasste Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gab der Rechtsanwältin – erfolglos – auf, die Rechtsnachfolge nach Herrn A durch Vorlage eines Erbnachweises zu belegen. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle dann den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen, weil der dem Erstattungsanspruch zugrunde liegende Kostenbeschluss vom 4.9.2020 nicht auf den oder auf die Rechtsnachfolger des Verstorbenen Herrn A umgeschrieben worden sei.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Prozessbevollmächtigten führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückgabe der Sache an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle.
II. Auswirkungen des Todes des Klägers
1. Auf den Hauptsacheprozess
a) Keine Vertretung durch Prozessbevollmächtigten
Ist die Partei während des Rechtsstreits verstorben und nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, wird das Hauptsacheverfahren gem. § 239 ZPO unterbrochen. Dies hat auch Auswirkungen auf ein eventuell nachfolgendes Kostenfestsetzungsverfahren, da dieses Verfahren dem Hauptsacheprozess angegliedert ist (KG JurBüro 2000, 654; OLG Köln JurBüro 1974, 373). In einem solchen Fall können die Kosten nicht festgesetzt werden.
b) Vertretung durch Prozessbevollmächtigten
War die verstorbene Partei, wie hier der Kläger A, durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin als Prozessbevollmächtigte/n vertreten, wird der Rechtsstreit nicht unterbrochen. Die dem Prozessbevollmächtigten erteilte Vollmacht besteht nach den Ausführungen des FG Dessau-Roßlau nämlich gem. § 155 S. 1 i.V.m. § 86 ZPO über den Tod des Mandanten hinaus. Dies habe zur Folge, dass der Prozess auch nach dem Tod der Partei fortgeführt und schließlich auch beendet werden könne (§ 155 S. 1 FGO i.V.m. § 246 Abs. 1 ZPO). Das hat nach den weiteren Ausführungen des FG seinen Grund darin, dass mit dem Tod der Partei deren Erbe als Rechtsnachfolger ohne Unterbrechung des Rechtsstreits kraft Gesetzes in den Prozess eintritt (s. BGH BGHZ 157, 151, 154 = NJW 2004, 1528). Dies schließe zwar nicht aus, dass der Rechtsstreit unter der bisherigen Parteibezeichnung fortgesetzt werde. Die Parteibezeichnung sei jedoch alsbald gem. § 107 FGO zu berichtigen (BGH, a.a.O., zu § 319 ZPO). Ein Verstorbener könne nämlich grds. nicht Verfahrensbeteiligter sein.
2) Auswirkungen auf das Kostenfestsetzungsverfahren
a) Antragsbefugnis der Prozessbevollmächtigten
Trotz der durch § 86 ZPO angeordneten Fortgeltung der Prozessvollmacht und des Eintritts des oder der Erben in den Prozess kann – so fährt das FG Dessau-Roßlau fort – ein Prozessbevollmächtigter nach dem Tod seines Mandanten nicht weiter Prozesserklärungen namens seines verstorbenen Mandanten abgeben. Folglich habe hier die Prozessbevollmächtigte des verstorbenen Klägers A nicht – wie sich dies aus dem Wortlaut ihres Kostenfestsetzungsantrages ergebe – Kostenfestsetzung für den verstorbenen A beantragen können. Nach Auffassung des FG ist es unerheblich, dass der Rechtsstreit ausweislich des Rubrums des Kostenbeschlusses mit A "als Kläger" beendet worden sei, weil der damalige Berichterstatter es unterlassen habe, das unrichtige R...