Es schadet nicht, dass im vorliegenden Fall nur die Kosten eines einzelnen Rechtsanwalts (nämlich des zweiten Rechtsanwalts) zur Festsetzung angemeldet worden sind.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers folgt aus dem Wortlaut des § 92 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht, dass diese – den Erstattungsanspruch der obsiegenden Partei reduzierende Vorschrift – nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Kosten von zwei Rechtsanwälten zur Festsetzung angemeldet werden ("Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten ...").
Sowohl der Regelungskontext des § 91 ZPO als auch der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck machen deutlich, dass § 91 Abs. 2 ZPO ganz allgemein regelt, welche Rechtsanwaltskosten von dem unterliegenden Gegner zu erstatten sind, ohne dass es im Einzelnen darauf ankommt, ob die Kosten zweier Rechtsanwälte oder nur eines Rechtsanwalts zur Festsetzung angemeldet werden.
Mit den Regelungen in § 91 Abs. 1 und § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO (= § 85 des Entwurfs einer Civilprozeßordnung) hat der Gesetzgeber das Prinzip zum Ausdruck bringen wollen, dass die Erstattungspflicht objektiv auf die Erstattung derjenigen gegnerischen Kosten beschränkt wird, soweit diese nach dem freien Ermessen des Gerichts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (Begründung zu § 85 des Entwurfs einer Civilprozeßordnung, in: Die gesamten Materialien zu der Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetzes v. 30.1.1877, S. 197). Dieses freie Ermessen werde zwar durch die Regelung in Abs. 2 in Bezug auf die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei beschränkt. Diese würden einen regelmäßigen Gegenstand der Erstattungspflicht darstellen. Allerdings komme auch in Bezug auf die Anwaltskosten das Ermessen des Gerichts zum Tragen, wenn die Partei "ohne Nothwendigkeit des Wechsels successive sich mehrerer Anwälte bedient" habe (Die gesamten Materialien zu der Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz v. 30.1.1877, S. 198).
Auf der Grundlage von § 91 CPO a.F. waren daher nicht nur die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass sich eine Partei gleichzeitig mehrerer Anwälte bedient, sondern auch diejenigen Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass sich eine Partei mehrerer Anwälte nacheinander bedient, von der Erstattung ausgeschlossen (Seuffert, Kommentar zur Civilprozeßordnung, 8. Aufl., 1902, § 91 Anm. 2. b).
Aus der Konzeption des Gesetzes folgt mithin, dass bei der Kostenfestsetzung generell zu prüfen ist, ob es sich bei den zur Erstattung angemeldeten Kosten um möglicherweise nicht notwendige Mehrkosten gehandelt hat. Die Frage, ob eine Notwendigkeit i.S.v. § 91 (= § 85 des Entwurfs einer Civilprozeßordnung) nach freiem Ermessen des Gerichts zu bejahen ist, stellt sich unabhängig davon, ob der Erstattungsberechtigte formal die Kosten zweier Rechtsanwälte oder aber nur von einem von zwei (von ihm beauftragten) Anwälten zur Festsetzung anmeldet.
Dass § 91 Abs. 2 ZPO die Frage der Erstattungsfähigkeit unabhängig von formalen Aspekten betrifft, folgt auch aus den gesetzgeberischen Erwägungen zur Neufassung des § 91 Abs. 2 ZPO in der BT-Drucks 2/1014. Zu dieser Neufassung sah sich der Gesetzgeber veranlasst, um das (ungeklärte) Verhältnis von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO (Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts) mit der Reglung in § 18 Abs. 6 der Rechtsanwaltsordnung vom 1.7.1878 zu klären. Soweit es die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Rechtsanwalts betrifft, der seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht am Sitz des Prozessgerichts hat, soll die Partei diese in der Person ihres Rechtsanwalts begründeten Mehrkosten nicht erstattet bekommen. Zur Begründung weist der Gesetzgeber darauf hin, dass Umstände, die zu einer Erhöhung der Kostenlast führen und auf welche die gegnerische Partei keinen Einfluss nehmen kann, nicht zu Lasten der Gegenpartei gehen dürfen (BT-Drucks 2/1014, 133).
Auch diesen Ausführungen lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass es das gesetzgeberische Anliegen war, die unterliegende Partei generell vor ihr nicht zuzurechnenden Mehrkosten zu schützen. Diese Frage lässt sich aber unabhängig davon beantworten, ob der Erstattungsberechtigte nur die Kosten eines von zwei Rechtsanwälten zur Festsetzung anmeldet. Denn auch in diesem Fall können nicht notwendige Mehrkosten vorliegen, die dadurch entstehen, dass der zweite Rechtsanwalt nach einer Änderung der Gebührenordnung höhere Gebühren für dieselbe Tätigkeit abrechnen darf. Denn wenn der erste Rechtsanwalt weiter tätig geblieben wäre, wären diese (erhöhten) Gebühren gerade nicht entstanden.
Der Senat teilt daher nicht die Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg in seinem Beschl. v. 26.7.2011, wonach § 92 Abs. 2 S. 2 ZPO schon deswegen tatbestandlich nicht anwendbar sei, weil der Erstattungsberechtigte nicht Kosten "mehrerer Rechtsanwälte" zur Erstattung gebracht habe (OVG 1 K 118.08, Rn 9; ebenso VG Schleswig, Beschl. v. 8.3.2022 – 5 A 379/20).