1. Gesetzliche Grundlagen
Gem. § 103 Abs. 1 ZPO kann der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Die beiden Beschlüsse des LAG Berlin-Brandenburg v. 20.1.2022 und v. 18.3.2022 enthielten Kostenentscheidungen. Grundlage für die Festsetzung der Kosten der Beklagten war der Verwerfungsbeschl. des LAG v. 20.1.2022, mit dem die Berufung des Klägers auf dessen Kosten als unzulässig verworfen wurde.
Gleichwohl rechtfertigte der Beschl. des LAG Berlin-Brandenburg v. 20.1.2022 nach Auffassung des LAG hier keine Festsetzung der Kosten zugunsten der Beklagten.
2. Grundzüge des Kostenfestsetzungsverfahrens
Im Anschluss hieran hat sich das LAG Berlin-Brandenburg mit den Grundsätzen des Kostenfestsetzungsverfahrens befasst. Das LAG hat darauf hingewiesen, dass der im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 104 Abs. 1 ZPO zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags ausfülle. Dabei sei der Kostenfestsetzungsbeschluss sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch hinsichtlich seines Bestandes von der Kostengrundentscheidung abhängig. Fehle es an einer wirksamen Kostengrundentscheidung, führe dies dazu, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss von Beginn an keine rechtlichen Wirkungen entfalte (BAG NJW 1963, 1027; BGH Rpfleger 2008, 507 = RVGreport 2009, 24 [Hansens]; BGH RVGreport 2013, 242 [Ders.]).
Nach den weiteren Ausführungen des LAG ist das Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO ein weitgehend verselbstständiges Nachverfahren, das den Rechtspfleger und die ihm im Rechtszug übergeordneten richterlichen Instanzen damit beauftrage, den Kostengrundausspruch eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels in Bezug auf die Höhe der zu erstattenden Kosten in richterlicher Unabhängigkeit und frei von Weisungen zu ergänzen und zu vervollständigen. Gleichwohl sei das Kostenfestsetzungsverfahren in mehrfacher Hinsicht von dem Kostengrundausspruch des Titels abhängig. Diese weitgehende Abhängigkeit des Kostenfestsetzungsverfahrens von dem Bestand und dem Inhalt der Kostengrundentscheidung müsse aber dann, wenn diese fehle, dazu führen, dass ein trotzdem durchgeführtes Kostenfestsetzungsverfahren an einem entscheidenden und wesentlichen Mangel leide. Dies habe zur Folge, dass die in einem solchen Kostenfestsetzungsverfahren ergangenen Entscheidungen wirkungslos seien und keinerlei Rechtskraftwirkungen entfalten können.
3. Beschl. v. 20.1.2022 keine bindende Kostenentscheidung
a) Verstoß gegen den Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung
Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg fehlte es in dem Beschluss des LAG vom 20.1.2022 an einer bindenden richterlichen Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits. Die vom LAG darin getroffene Teilkostenentscheidung verstoße gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, da in dieser nicht über die "Kosten des Rechtsstreits", sondern über die Kosten des vom Kläger eingeleiteten Berufungsverfahrens entschieden worden sei.
Der Kostenbeschl. des LAG v. 20.1.2022 konnte nach den weiteren Ausführungen des LAG Berlin-Brandenburg auch nicht in materielle Rechtskraft erwachsen. Entscheidungen, die so unbestimmt seien, dass auch durch Auslegung nicht ermittelt werden könne, welcher prozessualer Anspruch in welchem Umfang entschieden werden sollte, würden nämlich keine innere Rechtskraft i.S.v. § 322 Abs. 1 ZPO erlangen. Dies sei bei den in den Teilentscheidungen enthaltenen Kostenentscheidungen regelmäßig der Fall. Über den Teil eines Streitgegenstandes dürfe nämlich grds. keine Kostenentscheidung getroffen werden, da sich die Kosten der einzelnen Verfahrensstadien nicht trennen ließen. Ferner stünde bei Erlass der Teilentscheidungen nicht fest, in welchem Umfang die Parteien jeweils obsiegten und unterlägen und wie demzufolge die Kosten zu verteilen seien. Vielmehr sei eine Kostenentscheidung erst möglich, wenn die Verteilung der Kostentragungspflicht endgültig feststehe.
b) Feststehen der Kostentragungspflichten
Die Kostentragungspflichten der Parteien standen hier nach den weiteren Ausführungen des LAG erst zum Zeitpunkt der Rücknahme der Berufung durch die Beklagte fest. Dem Verwerfungsbeschl. des LAG v. 20.1.2022 sei zu entnehmen, dass sich die Kostenentscheidung des LAG nur auf die durch den Kläger eingelegte Berufung beziehe. Demgegenüber beziehe die Kostenentscheidung des LAG vom 18.3.2022 die Kosten der Anschlussberufung mit ein. Hieraus folgert das LAG, dass die Prozesskammer des LAG die Kostenproblematik im Falle der Fortführung einer unzulässigen Berufung als Anschlussberufung berücksichtigt habe. Das Rechtsmittel einer Partei könne nämlich nur einheitlich als selbstständiges Rechtsmittel oder als unselbstständiges Anschlussrechtsmittel geführt werden. Dabei komme es für die Kostenfolge nicht entscheidend darauf an, ob das Rechtsmittel ursprünglich und innerhalb der Rechtsmittelfrist oder erst ...