§ 14 BRAO
Leitsatz
Der Umstand, dass Strafverteidiger i.d.R. keine Fremdgelder vereinnahmen, führt nicht dazu, von einem Widerruf der Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfall abzusehen.
BGH, Beschl. v. 11.5.2023 – AnwZ (Brfg) 33/22
I. Sachverhalt
Der Kläger ist seit 1998 im Bezirk der beklagten RAK zugelassener Rechtsanwalt. Mit Schreiben vom 19.1.2022 hörte die Beklagte den Kläger zu einem Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls im Hinblick auf fünf Eintragungen in das zentrale Schuldnerverzeichnis an. Unter dem 14.2.2022 drohte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf einen Auszug aus dem Vollstreckungsregister des AG den Widerruf der Zulassung an und gab ihm letztmalig Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche. Der Kläger bat um Fristverlängerung, um eine Einigung mit dem vollstreckenden Versorgungswerk herbeiführen zu können. Mit Schreiben vom 23.2.2022 gewährte die Beklagte ihm daraufhin eine Frist zur Löschung der noch vorhandenen Eintragungen aus dem Schuldnerverzeichnis bis zum 31.3.2022. Nach Fristablauf widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 14.4.2022 die Zulassung des Klägers aus den Gründen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Die dagegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs. Sein Antrag hatte keinen Erfolg.
II. Vorbringen des Klägers
Der Kläger hatte geltend gemacht, dass der Anwaltsgerichtshof seinen Vortrag, durch seine ausschließliche Tätigkeit als Strafverteidiger sei eine Gefährdung der Rechtsuchenden i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ausgeschlossen, nicht ausreichend und rechtlich nicht zutreffend gewürdigt habe. Da er seit 24 1/2 Jahren ausschließlich als Strafverteidiger tätig sei und seine Arbeitsweise sowie die seines Büros auf die Bearbeitung zivilrechtlicher Mandate überhaupt nicht eingerichtet seien, handele es sich bei seiner rein strafrechtlichen Berufsausübung nicht nur um eine selbst auferlegte, sondern um eine faktische Beschränkung. Die fiktive Annahme eines lukrativen zivilrechtlichen Mandats (zur Lösung eigener finanzieller Probleme) sei bei einer derartigen Spezialisierung völlig aus der Luft gegriffen, zumal die zivilrechtlichen Gebühren nicht erheblich über den Pflichtverteidigergebühren in Umfangstrafsachen lägen. Damit greife auch der Schutzzweck des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO, der Gefährdung von Mandantengeldern durch Gläubigerpfändungen der Anwaltskonten zu begegnen, nicht. Die Verwendung von Fremdgeldern zur Lösung eigener finanzieller Probleme wäre zudem schlicht kriminell, was ihm nicht einfach unterstellt werden könne. Außerdem arbeite er seit Jahren in einer inhaltlich eng verbundenen Strafverteidigerbürogemeinschaft, bei der aufgrund der wechselseitigen Kontrolle die plötzliche Annahme fachfremder Mandate ausgeschlossen sei.
Letztlich sei der Widerruf seiner Zulassung auch nicht verhältnismäßig, weil das anwaltliche Berufsrecht auch eine teilweise Untersagung des Tätigwerdens (§ 43a Abs. 4, §§ 45, 46c Abs. 2 BRAO) kenne und er bereit sei, dem Kammervorstand über seine ausschließlich strafrechtliche Tätigkeit Rechenschaft abzulegen.
III. Kein grundsätzlicher Klärungsbedarf
Der BGH sieht darin keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf dargetan. Der Kläger wendet sich vielmehr gegen die Rechtsanwendung durch den AnwGH in seinem konkreten Einzelfall, ohne aufzuzeigen, dass damit allgemein klärungsbedürftige Rechtsfragen verbunden wären. Das sei auch nicht der Fall. Die vom Kläger angesprochenen Fragen seien höchstrichterlich bereits grds. geklärt. Weiterer Klärungsbedarf sei auch nach dem Vorbringen des Klägers nicht gegeben.
1. Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden
Die Grundsätze für die Beurteilung, ob eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Rechtsanwalts gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 Hs. 1 BRAO verneint werden könne, seien in der Rspr. des BGH geklärt. Danach sei nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grds. eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen sei, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folge, könne die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast treffe (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 2.12.2018 – AnwZ (Brfg) 65/18; v. 5.4.2019 – AnwZ (Brfg) 3/19, ZInsO 2019, 1368; v. 3.11.2021 – AnwZ (Brfg) 29/21, ZInsO 2022, 86; v. 30.12.2021 – AnwZ (Brfg) 27/21; v. 10.10.2022 – AnwZ (Brfg) 19/22 und v. 14.10.2022 – AnwZ (Brfg) 17/22, ZInsO 2022, 2682, jeweils m.w.N.). Von einem solchen Ausnahmefall könne nur ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt des Widerrufs eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden könne, dass sich im zu entscheidenden Einzelfall die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Anwalts ve...