1. "Dauerbrenner" Auslagenerstattung nach Einstellung
Der ein oder andere Leser denkt sicherlich: Oh, schon wieder Auslagenerstattung nach Einstellung (des Bußgeldverfahrens). Dazu hatten wir doch gerade erst einige Entscheidungen. Das stimmt, und zwar sowohl "positive" wie auch "negative" (s. z.B. LG Baden-Baden, Beschl. v. 4.10.2023 – 2 Qs 92/23, AGS 2023, 507; LG Berlin, Beschl. v. 20.7.2023 – 510 Qs 60/23, AGS 2023, 409; LG Trier, Beschl. v. 30.5.2023 – 1 Qs 24/23, AGS 2023, 364, 408; AG Borna, Beschl. v. 23.5.2023 – 3 OWi 43/23, AGS 2023, 456; AG Büdingen, Beschl. v. 30.5.2023 – 60 OWi 48/23, AGS 2023, 362). Die mit dieser Problematik zusammenhängenden Fragen spielen aber als einer der verfahrensrechtlichen "Dauerbrenner" auch im Bußgeldverfahren eine nicht unerhebliche Rolle, sodass wir insbesondere "positive" Entscheidungen immer wieder vorstellen. Denn die AG weichen häufig vorschnell von der an sich vorgesehenen gesetzlichen Regelung ab und sehen davon ab, dem Betroffenen nach Einstellung auch seine Auslagen zu erstatten.
2. "Einfache Beschwerde" als "außerordentlicher Rechtsbehelf"
Wir stellen diese Entscheidung allerdings nicht wegen der vom LG gemachten Ausführungen zur Auslagenerstattung nach Einstellung (s. III. und nachfolgend 3.) vor, sondern wegen der Auslegung des Rechtsmittels des Betroffenen als "einfache Beschwerde" in Form eines "außerordentlichen Rechtsbehelfs". Insoweit setzt das LG konsequent und zutreffend die Rspr. zu der Frage um, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass das LG – ebenso wie der Leser des Verfahrensgangs – nicht versteht, wieso das LG im Rahmen der Anhörung des Betroffenen die Auslagenerstattung ankündigt, dann aber ohne ein Wort der Begründung davon abweicht. Versehen oder Absicht? Wenn letzteres dann aber bitte: warum?
I.Ü.: Wäre das LG nicht den vom BVerfG vorgezeichneten Weg über den außerordentlichen Rechtsbehelf gegangen, dann wäre mit der amtsgerichtlichen Entscheidung "Endstation" gewesen. Denn nach § 47 Abs. 2 S. 3 OWiG ist ein nach § 47 Abs. 2 S. 1 OWiG ergangener Einstellungsbeschluss nicht anfechtbar, sodass damit dann auch nach § 464 Abs. 3 S. 1 Hs. 2. StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG grds. die Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung ausgeschlossen ist. Hier hätte man ggf. angesichts des Verfahrensablaufs: "Zusage" der Auslagenerstattung, wovon dann ohne Begründung abgewichen wird, vielleicht doch – anders als das LG meint – mit der Annahme einer Gegenvorstellung helfen können (vgl. dazu Burhoff, in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Aufl., 2025, Rn 2521 ff.). Aber die Diskussion darüber ist müßig, da das LG einen anderen Weg gefunden hat, um zum richtigen Ergebnis zu kommen. Richtig allein schon deshalb, weil damit die "Zusage" des AG an den Betroffenen: Einstellung gegen Auslagenerstattung, eingehalten wird.
3. Ermessen
Auch hinsichtlich der Begründetheit ist die Entscheidung des LG nicht zu beanstanden. Sie macht noch einmal deutlich, dass die Auslagenerstattung durch die Staatskasse die Regel ist und ein Abweichen von dieser Regel begründet werden muss. Dass hier die Voraussetzungen für die Annahme einer Ausnahme nicht vorgelegen haben, liegt nach dem Sachverhalt auf der Hand.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 8/2024, S. 365 - 367