In der Praxis wird immer wieder übersehen, dass die Formerfordernisse für die Übermittlung von vorbereitenden Schriftsätzen und schriftlich einzureichenden Anträgen und Erklärungen, die für das Hauptsacheverfahren gelten, auch für Nebenverfahren anwendbar sind. Dies gilt bspw. in allen Verfahren, die im GKG vorgesehen sind, etwa für die Einlegung der Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz oder für die Beschwerde gegen die auf die Erinnerung ergangene Entscheidung des Gerichts sowie für die Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung nach § 67 GKG oder für die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts. Dies ordnet § 5a GKG ausdrücklich an. Das gilt i.Ü. auch für die im RVG vorgesehenen Verfahren, wie für den Antrag auf Festsetzung der Vergütung gem. § 11 RVG oder für den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 S. 1 GKG sowie für den Antrag auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung nach § 55 Abs. 1 RVG oder für die in § 56 RVG bestimmten Rechtsbehelfsverfahren. Die entsprechende Verweisung auf die Formvorschriften der Verfahrensordnung findet sich in § 12b RVG.
Um die Verfahrensbeteiligten auf diese Formerfordernisse hinzuweisen, muss jeder Kostenrechnung und jeder anfechtbaren Entscheidung nach dem GKG gem. § 5b GKG eine Rechtsbehelfsbelehrung u.a. über die Einzelheiten der Form und Frist enthalten. Vergleichbar ist in § 12c RVG vorgeschrieben, dass jede anfechtbare Entscheidung eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung enthalten muss.
1. Form der Rechtsbehelfsbelehrung
Der BFH ist ohne Weiteres davon ausgegangen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung der Kostenstelle den Anforderungen des § 5b GKG genügt hat. Daran habe ich meine Zweifel. Eine Rechtsbehelfsbelehrung muss nämlich nach der Rspr. des BGH (AGS 2011, 333) u.a. die bei der Einlegung einzuhaltende Form und Frist angeben. Dabei muss die Rechtsbehelfsbelehrung aus sich heraus verständlich sein (BGH, a.a.O.). Dem genügt m.E. allein der Hinweis auf § 5a GKG und § 52d FGO nicht. Denn ohne Kenntnis des Gesetzestextes kann der Rechtsbehelfsbelehrung nicht entnommen werden, auf welchem Wege eine Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz dem Gericht übermittelt werden muss. Eine Rechtsbehelfsbelehrung muss nämlich auch Angaben zu der einzuhaltenden Form enthalten (s. BT-Drucks 17/10490, 13 zu § 232 ZPO).
2. Folgen einer nicht gesetzeskonformen Rechtsbehelfsbelehrung
Geht man davon aus, dass hier die Rechtsbehelfsbelehrung der Kostenstelle des BFH hinsichtlich der Form der einzureichenden Erinnerung unzureichend war, stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben. Eine entsprechende Regelung enthält im Kostenrecht lediglich die Bestimmung des § 33 Abs. 5 S. 1 und 2 RVG für die – fristgebundene – Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes. Nach diesen Bestimmungen wird ein Fehlen des Verschuldens an der Fristversäumung vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft gewesen ist. In einem solchen Fall kann ein Wiedereinsetzungsantrag somit auf diese Mängel der Rechtsbehelfsbelehrung gestützt werden. Bei Rechtsanwälten gilt dies jedoch nur eingeschränkt. Bei einem Rechtsanwalt, Gleiches dürfte auch für eine Steuerberatungsgesellschaft gelten, zu dessen/deren Pflichten es gehört, den Mandanten zutreffend über die formellen Voraussetzungen des gegebenen Rechtsmittels zu belehren, ist nämlich zu erwarten, dass er/sie die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jeweiligen Verfahrensart kennt. Deshalb kann der Rechtsanwalt / die Steuerberatungsgesellschaft das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht uneingeschränkt in Anspruch nehmen (s. etwa LSG Berlin-Brandenburg RVGreport 2019, 229 [Hansens]). Dies gilt hier umso mehr, als die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Form der Übermittlung der Erinnerung jedenfalls auf die richtige Vorschrift des § 52d FGO verwiesen hat.
Auf ein Fehlen des Verschuldens aufgrund einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung konnte es hier jedoch deshalb nicht ankommen, weil die Revisionskläger keine Frist versäumt hatten und damit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kam. Die Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz ist nämlich nicht fristgebunden. Die Revisionskläger sind deshalb nicht gehindert, nach Erhalt der Entscheidung des BFH hier ihre Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz durch ihre Prozessbevollmächtigten über das beSt formgerecht übermitteln zu lassen.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 8/2024, S. 378 - 380