Der Einzelrichter verneint – ebenso wie die UdG des LG – den Anspruch der Rechtsanwältin/Pflichtverteidigerin auf Grund- und Verfahrensgebühr sowie Auslagenpauschale.
1. Bestellung eines Vertreters des Pflichtverteidigers zulässig
Nach st. Rspr. des Senats (vgl. nur OLG Hamm, Beschl. v. 26.5.2020 – III-5 Ws 362/19, v. 20.8.2019 – III-5 Ws 253/19 sowie v. 10.5.2016 – III-5 Ws 254/16, jeweils n.v.) sowie auch weiterer Senate des OLG Hamm (vgl. Beschl. v. 15.8.2023 – III-2 Ws 47/23 u. v. 19.2.2013 – III-4 Ws 381/12, jeweils n.v.) besteht die grundsätzliche Möglichkeit, durch das Gericht einen Vertreter des bereits beigeordneten (Pflicht-)Verteidigers zu bestellen. Ob ein solcher Fall der Vertretung oder eine Bestellung zum weiteren (vollwertigen) Verteidiger vorliegt, sei eine Entscheidung des jeweiligen Einzelfalls. Für eine abweichende Entscheidung dieser Rechtsfrage bestehe vorliegend kein Anlass.
2. Rechtsanwältin war nur "Vertreterin"
In der hier gegebenen Konstellation ergebe sich bereits mit Blick auf die eindeutige Formulierung des Beiordnungsbeschlusses, dass die Rechtsanwältin lediglich Vertreterin für den originären Pflichtverteidiger sein sollte. Sie sei ausdrücklich lediglich für den ersten Hauptverhandlungstag dem Angeklagten beigeordnet worden. Ein solches Vorgehen erscheine nur unter der begrenzten Vertretung plausibel. I.Ü. werde dieses Ergebnis auch durch die tatsächlichen Abläufe im Vorfeld sowie am insoweit maßgeblichen ersten Hauptverhandlungstag bestätigt. Das OLG bezieht sich insoweit darauf, dass sich aus der Akte ergebe, dass Rechtsanwalt R nach einer Verschiebung des Beginns der Hauptverhandlung mitgeteilt habe, dass er sich am 1. Hauptverhandlungstag durch die Rechtsanwältin vertreten lasse. Er habe beantragt, sie für diesen Tag dem Angeklagten als weitere Pflichtverteidigerin beizuordnen, da er selbst an der Terminsteilnahme gehindert sei. Auch die Rechtsanwältin habe beantragt, dem Angeklagten als weitere Pflichtverteidigerin beigeordnet zu werden. Daraufhin sei dann der Beschluss des Vorsitzenden ergangen, mit dem dem Angeklagten die Rechtsanwältin als Terminsvertreterin für den Pflichtverteidiger Rechtsanwalt R für den ersten Hauptverhandlungstag beigeordnet wurde.
Ausgangspunkt für die Einordnung der Rechtsanwältin (nur) als Vertreterin sei zunächst ihre ausdrückliche Bestellung als Terminsvertreterin für den originären Pflichtverteidiger für den ersten Hauptverhandlungstag durch den Vorsitzenden. Er sei offensichtlich und unmissverständlich von einer zulässigen und abgesprochen Terminsvertretung ausgegangen. Ansonsten hätte er den Begriff "Terminsvertreterin" nicht gewählt. Insofern sei auch anzunehmen, dass vorher eine Besprechung zwischen dem originären Pflichtverteidiger und der Terminsvertreterin stattgefunden haben müsse, in der der originäre Pflichtverteidiger sie wegen seiner Verhinderung gebeten hat, für ihn im anstehenden Termin aufzutreten, was der oben genannten Absprache entspreche. Dass die Pflichtverteidiger vorher und auch bis zum Terminsbeginn anderweitig, also vom Mandanten oder vom Gericht zur Terminsteilnahme befragt worden, ergebe sich nicht. Wäre das Gericht von einer zeitlich beschränkten Vollverteidigung ohne Vertreterstellung ausgegangen, hätte das Gericht die Rechtsanwältin unmittelbar geladen bzw. laden müssen. Die Umladung sei aber nur an den originären Pflichtverteidiger ergangen, der den Empfang der Umladung auch bestätigt habe.
Mit dem Erhalt des Beiordnungsbeschlusses habe die Pflichtverteidigerin zudem gewusst, dass sie vom Gericht als Terminsvertreterin beigeordnet worden sei. Mit den vorherigen Schreiben der Rechtsanwälte hätten beide zwar die Beiordnung der Rechtsanwältin als weitere Pflichtverteidigerin beantragt, was einer vorherigen Absprache untereinander aber nicht entgegen sprechen müsse. Wäre andernfalls tatsächlich keine Terminsvertretung zwischen den Rechtsanwälten mit den Folgen aus einem Innenverhältnis heraus abgesprochen, so hätten die Rechtsanwälte zeitnah zum dann ergangenen Beiordnungsbeschluss, den beide Anwälte erhalten haben, spätestens im Termin dies aufklären müssen, was aber nicht geschehen sei. Diese hätte im Wege einer entsprechenden Antragstellung nach der Beiordnung ergehen können, wodurch der Beschwerdeweg des § 142 Abs. 7 ZPO ermöglicht worden wäre (vgl. MüKo StPO/Kämpfer/Travers, 2. Aufl., 2023, StPO § 142 Rn 40). Ohne eine Klärung könne nur davon ausgegangen werden, dass die ausgesprochene Terminsvertretung auch so durchgeführt worden sei, was die Anwältin nun gegen sich gelten lassen muss.
3. Kurze Dauer der Hauptverhandlung
Das OLG verweist zudem darauf, dass die Dauer der Hauptverhandlung mit lediglich 30 Minuten erheblich unter der durchschnittlichen Länge einer Sitzung vor der großen Strafkammer gelegen habe (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 7.5.2009 – 2 Ws 71/09). Es sei im Wesentlichen nur die Anklageschrift verlesen worden. Eine Einlassung des Angeklagten sowie der weiteren Mitangeklagten sei jeweils nicht erfolgt. Vielm...