a) Meinungsstand
In den Fällen des § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X und des § 6 Abs. 1 EFZG geht der gesetzliche Schadensersatzanspruch des Geschädigten kraft Gesetzes auf den Sozialversicherungsträger bzw. den Arbeitgeber über, soweit dieser infolge des Schadensfalles Leistungen an den Geschädigten erbracht hat. Fraglich ist, ob der Anspruchsübergang auch den dem Grunde nach latent entstandenen Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der Anwaltskosten für die Geltendmachung der Ersatzforderung erfasst. Dies hätte zur Folge, dass der Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber ebenso wie der Geschädigte selbst grundsätzlich berechtigt wäre, sofort und ohne vorherige Herbeiführung der Verzugsvoraussetzungen einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung des Ersatzanspruchs gegen den Schädiger zu beauftragen und von diesem die Anwaltskosten aus § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X bzw. § 6 Abs. 1 EFZG i.V.m. der jeweiligen gesetzlichen Anspruchsgrundlage ersetzt zu verlangen. Einige Instanzgerichte bejahen dies in der Tat und billigen dem Sozialversicherungsträger bzw. dem Arbeitgeber in den Fällen des § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X und des § 6 Abs. 1 EFZG einen Anspruch aus unerlaubter Handlung auf Ersatz der Anwaltskosten zu. Vereinzelt wird auch angenommen, der Geschädigte könne die beim Sozialversicherungsträger bzw. Arbeitgeber entstandenen Anwaltskosten im Wege der Drittschadensliquidation vom Schädiger ersetzt verlangen.
Dagegen hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 1961 für den Fall des Anspruchsübergangs nach § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X (§ 1542 Abs. 1 S. 1 RVO a.F.) einen Anspruch des Sozialversicherungsträgers auf Ersatz der ihm entstandenen Anwaltskosten aus §§ 823 ff. BGB, § 7 Abs. 1 StVG abgelehnt. Nach § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X gingen die Schadensersatzansprüche des Geschädigten nur insoweit auf den Sozialversicherungsträger über, als dieser an den Geschädigten Sozialleistungen zu erbringen habe. Der Anspruchsübergang sei also begrenzt auf den Umfang dieser Sozialleistungen. Anwaltskosten für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Schädiger gehörten von vornherein nicht zu den vom Sozialversicherungsträger zu erbringenden Leistungen, zumal sie in der hier in Rede stehenden Konstellation nicht beim Geschädigten, sondern allein beim Sozialversicherungsträger selbst anfielen. Nach Ansicht des BGH scheidet aus diesen Gründen ein Anspruch des Sozialversicherungsträgers auf Erstattung der ihm entstandenen Anwaltskosten aus § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X i.V.m. der jeweiligen gesetzlichen Anspruchsgrundlage aus; ein solcher Erstattungsanspruch könne nur unter Verzugsgesichtspunkten bestehen. Die Erwägungen des BGH lassen sich auch auf den Fall des Anspruchsübergangs nach § 6 Abs. 1 EFZG übertragen; auch hier geht der Schadensersatzanspruch nur insoweit auf den Arbeitgeber über, als dieser Arbeitsentgelt und darauf entfallende Sozialabgaben gezahlt hat. Die überwiegende Meinung folgt dem BGH und verneint einen Anspruch aus unerlaubter Handlung auf Ersatz der Anwaltskosten sowohl im Fall des § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X als auch im Fall des § 6 Abs. 1 EFZG.
b) Stellungnahme
Auf den ersten Blick führt die herrschende Meinung zu einem gewissen Wertungswiderspruch. Wie eingangs ausgeführt wurde, ist der Geschädigte selbst berechtigt, sofort einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen und die hierdurch anfallenden Kosten vom Schädiger ersetzt zu verlangen. Infolge des Anspruchsübergangs entfällt nach der herrschenden Ansicht dieses Recht für den Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber. Selbst dann, wenn aufgrund der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Falles sofort und noch vor Eintritt des Verzugs des Schädigers die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig ist, und obwohl die dabei anfallenden Anwaltskost...