Auf den ersten Blick führt die herrschende Meinung zu einem gewissen Wertungswiderspruch. Wie eingangs ausgeführt wurde, ist der Geschädigte selbst berechtigt, sofort einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen und die hierdurch anfallenden Kosten vom Schädiger ersetzt zu verlangen. Infolge des Anspruchsübergangs entfällt nach der herrschenden Ansicht dieses Recht für den Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber. Selbst dann, wenn aufgrund der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Falles sofort und noch vor Eintritt des Verzugs des Schädigers die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig ist, und obwohl die dabei anfallenden Anwaltskosten eine mittelbare Folge des Schadensereignisses sind, muss der Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber diese Kosten selbst tragen.
Auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen, dass in aller Regel nur ein Teil des dem Geschädigten entstandenen Gesamtschadens vom Anspruchsübergang erfasst wird; nicht erfasst wird insbesondere ein Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten. Soweit der Ersatzanspruch beim Geschädigten verbleibt, ist es diesem unbenommen, sofort einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung des Anspruchs zu beauftragen und die Kosten als Folgeschaden vom Schädiger ersetzt zu verlangen. Wäre zusätzlich auch der Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber berechtigt, sofort auf Kosten des Schädigers einen zweiten Rechtsanwalt zur Geltendmachung des auf ihn übergegangenen Teilanspruchs einzuschalten, so käme es insgesamt zu einer Mehrbelastung des Schädigers. Zwar fallen Rechtsanwaltsgebühren jeweils nur aus dem Gegenstandswert des übergegangenen bzw. des beim Geschädigten verbleibenden Teils des Gesamtschadensersatzanspruchs an. Zusammengenommen sind die Anwaltskosten aber höher als in dem Fall, dass ein einziger Anwalt mit der Geltendmachung des gesamten Schadensersatzanspruchs beauftragt würde.
Beispiel
Der Geschädigte beauftragt einen Anwalt mit der Geltendmachung eines Schmerzensgeldanspruchs in Höhe von 4.000,00 EUR, der Sozialversicherungsträger macht mit anwaltlicher Hilfe bezüglich der Arztkosten einen Regressanspruch in Höhe von weiteren 4.000,00 EUR geltend. Bei Zugrundelegung einer 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV betragen die Anwaltskosten nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer jeweils 402,82 EUR, insgesamt also 805,64 EUR. Bei Beauftragung nur eines Anwalts mit der Geltendmachung des gesamten Schadens von 8.000,00 EUR wären lediglich Kosten in Höhe von 661,16 EUR angefallen.
Vor dem Hintergrund, dass der Schädiger nur gegenüber dem Geschädigten, nicht jedoch gegenüber dem Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber eine unerlaubte Handlung begangen hat, erscheint eine solche Mehrbelastung des Schädigers unbillig. Eine andere Beurteilung ist nur und erst dann gerechtfertigt, wenn der Schädiger mit der Erfüllung der Regressforderung in Verzug gerät und hierdurch auch gegenüber dem Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung begeht. Der Sozialversicherungsträger bzw. Arbeitgeber wird dadurch, dass er erst nach Verzugseintritt auf Kosten des Schädigers einen Anwalt hinzuziehen darf, auch nicht unangemessen benachteiligt. Der Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X und nach § 6 Abs. 1 EFZG erfasst jeweils nur einen in aller Regel klar abgrenzbaren Teil des Gesamtschadens: Der Schadensersatzanspruch geht nur insoweit über, als der Sozialversicherungsträger bzw. Arbeitgeber Leistungen an den Arbeitnehmer erbracht hat. Den Umfang der von ihm selbst erbrachten Leistungen und damit seines Regressanspruchs kann der Sozialversicherungsträger oder Arbeitgeber ohne weiteres selbst beurteilen. Es ist ihm daher durchaus zumutbar, den Anspruch zunächst einmal ohne anwaltliche Hilfe selbst zu beziffern und geltend zu machen. Mit dem BGH und der herrschenden Meinung ist ein Anspruch des Sozialversicherungsträgers bzw. Arbeitgebers auf Erstattung der Anwaltskosten aus § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X bzw. § 6 Abs. 1 EFZG i.V.m. der einschlägigen gesetzlichen Anspruchsgrundlage daher abzulehnen; ein Erstattungsanspruch kann vielmehr nur unter den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs bestehen.
Auch für einen Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der dem Sozialversicherungsträger bzw. Arbeitgeber entstandenen Anwaltskosten nach den Regeln der Drittschadensliquidation ist kein Raum. Es fehlt bereits an der Voraussetzung, dass dem Sozialversicherungsträger bzw. Arbeitgeber kein eigener Anspruch zusteht; denn dieser kann die Anwaltskosten, worauf sogleich noch einzugehen ist, aus eigenem Recht als Verzugsschaden ersetzt verlangen, sofern er die Verzugsvoraussetzungen herbeiführt. Im Übrigen lässt sich der hier in Rede stehende Sachverhalt auch keiner der Fallgruppen zuordnen, für die eine Drittschadensliquidation anerkannt ist.