SGB X § 63 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2; RVG VV Nr. 2400 n.F. (Nr. 2500 a.F.)
Leitsatz
War der Anwalt bereits im Verwaltungsverfahren tätig, kann er im gerichtlichen Verfahren die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren (Nr. 2400 VV n.F., Nr. 2500 VV a.F.) nur in Höhe des verminderten Gebührenrahmens der Nr. 2401 VV n.F. (Nr. 2501 VV a.F.) erstattet verlangen.
LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 5.5.2009 – L 1 AL 13/08
1 Aus den Gründen
Die Beklagte hat dem Kläger nur die verminderte Geschäftsgebühr nach Nr. 2501 VV i.d.F. bis 30.6.2006 (a.F.) zu erstatten. Denn nach § 63 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 SGB X muss die Behörde, soweit der Widerspruch erfolgreich war, nur die Kosten des Widerspruchsverfahrens erstatten. Dagegen sind die Kosten des Verwaltungsverfahrens, das dem Widerspruchsverfahren vorausgeht, grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn spezielle Regelungen eine Erstattungspflicht im Verwaltungsverfahren ausnahmsweise vorsehen (wie z.B. § 65a SGB I). Eine solche Ausnahmevorschrift ist hier jedoch nicht einschlägig. Stattdessen stellt § 17 Nr. 1 RVG klar, dass Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren – auch was die Kosten angeht – jeweils verschiedene Angelegenheiten sind. Folglich kann ein Rechtsanwalt, der bereits im Verwaltungsverfahren tätig geworden ist, für das anschließende Widerspruchsverfahren nur noch die verminderte Gebühr Nr. 2501 VV (Schwellengebühr: 120,00 EUR) geltend machen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass er inhaltlich bereits mit der Sache beschäftigt war. Nur diese Gebühr hat die Behörde nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X zu erstatten (vgl. dazu auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.3.2008 – L 4 SB 51/07, AGS 2008, 513, 514). Damit kommt die Gebührenreduktion auch dem Erstattungspflichtigen zu Gute, der davon profitiert, dass der Widerspruchsführer bereits im Verwaltungsverfahren einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden, weil der Widerspruchsführer hierdurch nicht unangemessen benachteiligt wird. Denn er hat die Beratungsleistungen des Rechtsanwalts bereits im Verwaltungsverfahren in Anspruch genommen, für die es generell keine Erstattung gibt. Widerspruchsführer, die im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertreten waren, und solche, die einen Anwalt erst im Vorverfahren hinzuziehen, werden damit gleich behandelt: Beide muss die Behörde von den Kosten des Widerspruchsverfahrens freistellen, sofern sie voll obsiegen.