RVG VV Nrn. 3309, 3500; RVG § 15 Abs. 6
Leitsatz
Wird der Anwalt lediglich mit einer Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO beauftragt, ohne dass er zuvor im Zwangsvollstreckungsverfahren tätig war, erhält er lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV.
AG Eckernförde, Beschl. v. 22.7.2009–10 M 439/09
1 Sachverhalt
Der Gläubiger hatte gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung eingeleitet. Dieser erhob Einwände gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung und beauftragte daraufhin einen Rechtsanwalt damit, gegen die Vollstreckungsmaßnahme Erinnerung nach § 766 ZPO einzulegen. Der Erinnerung wurde abgeholfen; die Kosten des Erinnerungsverfahrens wurden dem Gläubiger auferlegt. Der Anwalt des Schuldners beantragte daraufhin die Festsetzung einer 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV.
Das Gericht hat lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Für das Erinnerungsverfahren in Vollstreckungsangelegenheiten kann lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV verlangt werden (vgl. Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, Nr. 3309 Rn 80). Eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV kann nicht zusätzlich verlangt werden. Die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO ist bei dieser Verfahrensgebühr nicht gemeint. Die Verfahrensgebühr war insofern abzusetzen. Die Auslagenpauschale und der Mehrwertsteuerbetrag waren entsprechend zu kürzen.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig; in der Begründung ist sie unzutreffend. Zu unterscheiden sind folgende zwei Fallkonstellationen: Der Anwalt ist bereits im Vollstreckungsverfahren tätig gewesen und wird sodann im Verfahren über eine Erinnerung nach § 766 ZPO tätig (unabhängig davon, ob der Anwalt den Gläubiger oder den Schuldner vertritt). In diesem Fall hat der Anwalt zunächst die Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV für das Vollstreckungsverfahren verdient. Die weitere Tätigkeit im Erinnerungsverfahren löst keine weiteren Gebühren aus, sondern zählt nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 RVG zur Vollstreckungsangelegenheit. Der Anwalt wird ausschließlich im Verfahren über die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO beauftragt.
In diesem Fall ist für den Anwalt keine Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV angefallen. Vielmehr entsteht für ihn eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV und zwar unabhängig davon, ob sich die Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers richtet oder nicht. Auf § 18 Nr. 1 RVG kommt es hier nicht an, da ein selbständiger Auftrag zur Erinnerung vorliegt. Insoweit ist die Auffassung des AG Eckernförde also unzutreffend. Es hätte hier den Gebührentatbestand der Nr. 3500 VV annehmen müssen.
Die Anwendung der Nr. 3500 VV bedeutet aber noch nicht, dass damit auch eine 0,5-Gebühr anfällt. Insoweit ist nämlich jetzt § 15 Nr. 6 RVG zu berücksichtigen. Der mit einer Einzeltätigkeit beauftragte Anwalt kann keine höhere Vergütung beanspruchen als ein Anwalt, der mit dem gesamten Verfahren beauftragt worden wäre. Wäre der Anwalt aber mit dem gesamten Vollstreckungsverfahren einschließlich der Erinnerung beauftragt, dann hätte er nur eine 0,3-Gebühr nach Nr. 3309 VV verdient. Folglich kann er im isolierten Erinnerungsverfahren keine höhere Vergütung abrechnen.
Fazit: Wird ein Anwalt ausschließlich in einem Verfahren der Vollstreckungserinnerung beauftragt, entsteht zwar die Gebühr aus dem Tatbestand der Nr. 3500 VV, jedoch begrenzt nach § 15 Abs. 6 RVG auf den Gebührensatz der Nr. 3309 VV, also auf 0,3.
Norbert Schneider