Alles neu macht der September

Zum 1.9.2009 ist das FGG-ReformG in Kraft getreten. Mit ihm sind eindeutige Regelungen verkündet worden, die den Übergang in das neue Recht gestalten sollen. Die Auslegung dieser Eindeutigkeit durch die Gerichte hat aber bereits zu zweifelhaften Ergebnissen geführt.

Zunächst einmal bestimmt Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG, wann sich ein Verfahren noch nach altem Recht (und damit auch nach altem Kostenrecht) richtet und wann das neue Recht gilt. Vereinfacht gilt: Verfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, werden bis zu ihrem rechtskräftigen Abschluss durch alle Instanzen nach altem Recht beurteilt. Für Verfahren, die nach dem 31.8.2009 eingeleitet worden sind, ist das neue Recht maßgeblich. Mit dieser Übergangsregelung hat die Praxis nahezu keine Probleme.

Die Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG ist dagegen weniger bekannt. Zudem wird sie häufig falsch angewandt. Nach der Vorschrift gelten Folgesachen über den Versorgungsausgleich, die in Altverfahren bereits vor dem 1.9.2009 abgetrennt worden waren oder nach dem 31.8.2009 abgetrennt worden sind, als selbstständige Familiensachen, die sich nach neuem Recht (und damit nach neuem Kostenrecht) richten. Siehe hierzu die ausführliche Besprechung von Thiel zu AG Vechta, AGkompakt 2010, 102 (als Beilage zu diesem Heft).

Ein Schattendasein fristet die Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG, die in ihren Auswirkungen bisher kaum zur Kenntnis genommen worden ist. Nach dieser Übergangsregelung sind alle am 1.9.2009 noch anhängigen Folgesachen betreffend den Versorgungsausgleich nach neuem Recht (und damit auch nach neuem Kostenrecht) zu behandeln, wenn über sie nicht bis zum 31.8.2010 in erster Instanz entschieden worden ist. Sämtliche Folgesachen zum Versorgungsausgleich, die noch unter Geltung der ZPO eingeleitet worden waren, richten sich damit jetzt automatisch nach neuem Recht.

Damit jedoch nicht genug: Auch die Ehesache und sämtliche mit dem Versorgungsausgleich noch im Verbund stehenden weiteren Folgesachen richten sich ebenfalls nach neuem Recht (und damit auch nach neuem Kostenrecht). Die Folgesache Versorgungsausgleich zieht also alle anderen Verfahren mit sich.

Das bedeutet, dass in allen Verbundverfahren, in denen der Versorgungsausgleich am 31.8.2010 noch anhängig – also noch nicht entschieden – war, nunmehr nach neuem Kostenrecht zu behandeln sind.

Diese Regelung ist nicht durchdacht und kann zu erheblichen Problemen führen. Denn in ihr ist eine Rückwirkung enthalten, die sich auf bereits nach altem Recht entstandene Gebühren auswirken kann.

Die Übergangsregelungen der §§ 71 GKG, 63 FamGKG, 60 RVG greifen hier nicht, weil Art. 111 FGG-ReformG vorrangige Sonderregelungen aufgestellt hat, die die allgemeinen Übergangsvorschriften verdrängen.

Hinsichtlich der Gerichtsgebühren wird sich kein Unterschied ergeben, da die alten Gebührentatbestände des GKG (Nr. 1310 ff. GKG a. F.) mit denen der Nrn. 1110 ff. FamGKG im Wesentlichen übereinstimmen. Auch bei den Gebührentatbeständen der Anwaltsgebühren dürfte sich die Rechtsänderung kaum auswirken, da insoweit auch im RVG keine wesentlichen Änderungen vorgenommen worden sind.

Problematischer verhält es sich dagegen bei den Verfahrenswerten. Diese können für Folgesachen nach neuem Recht geringer oder auch höher zu bemessen sein.

Geringere Werte ergeben sich i.d.R. in Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung. Während nach altem Recht der Jahresmietwert entsprechend § 41 Abs. 1 GKG anzusetzen war, gilt jetzt ein Regelwert von 4.000,00 EUR (§ 48 Abs. 1 FamGKG). Eine Erhöhung des Verfahrenswertes wird sich dagegen i.d.R. für Versorgungsausgleichsverfahren ergeben, da keine Festwerte in Höhe von 1.000,00 EUR oder 2.000,00 EUR mehr gelten (§ 49 GKG a. F.), sondern 10 % des dreifachen Nettoeinkommens je Anrecht (§ 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG).

Wenn die Verfahrenswerte nach neuem Recht geringer ausfallen, dürfte bei den Gerichtskosten auf die geringeren Werte abzustellen sein, zumal die Gebühren der Folgesache – im Gegensatz zu den Gebühren für die Ehesache – erst mit Abschluss des Verfahrens fällig werden (§ 11 FamGKG).

Soweit sie sich erhöhen, könnte es bedenklich sein, nunmehr den höheren Wert anzusetzen. Es kann z.B. im Ergebnis nicht rechtens sein, dass sich ein Scheidungsverfahren für die Parteien bzw. Beteiligten nur deshalb verteuert, weil das Gericht nicht in der Lage gewesen ist, rechtzeitig zu entscheiden. Hier können die Gerichte allerdings gegebenenfalls auf § 20 FamGKG zurückgreifen und die Mehrkosten nicht erheben. Welches Gericht aber wird freiwillig auf seine unrichtige Sachbehandlung hinweisen?

Bei den Anwaltsgebühren ist die Sache dagegen problematischer: Verringert sich der Gegenstandswert, so dürfte das auf die Gebühren, die nach dem bisherigen höheren Gegenstandswert angefallen sind, keinen Einfluss haben. Insoweit dürfte § 15 Abs. 4 RVG entsprechend anzuwenden sein. Gebühren, die einmal entstanden sind, können nachträglich nicht entfallen. Soweit die Gebühren a...

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