Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Der im Wege der Prozesskostenhilfe dem Kläger beigeordnete Erinnerungsführer hat keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung unter Zugrundelegung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV statt Nr. 3103 VV.
Der Erinnerungsführer hatte den Kläger bereits im Widerspruchsverfahren vertreten. Damit kommt aufgrund der Vorbefassung des Erinnerungsführers zwingend Nr. 3103 VV zur Anwendung. Für eine Vergütungsfestsetzung nach Nr. 3102 VV besteht folglich keine Rechtsgrundlage.
Die Kammer vermag entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers eine Anwendbarkeit von Nr. 3102 VV auch nicht aus § 15a Abs. 2 RVG abzuleiten. Ist im RVG die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorgesehen, kann nach § 15a Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Gem. § 15a Abs. 2 RVG kann ein Dritter sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
§ 15a RVG ist hier bereits seinem Wortlaut nach nicht anwendbar, da er lediglich die Folgen einer Anrechnung nach dem RVG regelt (vgl. BGH, Beschl. v. 2.9.2009 – II ZB 35/07 [= AGS 2009, 466]; Beschl. v. 29.4.2010 – V ZB 38/10 [= AGS 2010, 263]). Wann eine Anrechnung zu erfolgen hat, wird im RVG ausdrücklich geregelt, vgl. z.B. Vorbem. 3 Abs. 4 VV. Bei Nr. 3103 VV handelt es sich gebührenrechtlich um keinen Tatbestand einer Anrechnung, sondern um einen Sondergebührentatbestand für den Fall einer vorausgegangenen Tätigkeit des Bevollmächtigten im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren (vgl. SG Berlin, Beschl. v. 2.10.2009 – S 164 SF 1112/09 E [= AGS 2010, 35]).
Ferner kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 15a RVG auf Sondergebührentatbestände wie Nr. 3103 VV nicht in Betracht. Es fehlt insoweit bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung in § 15a RVG ausdrücklich nur den Begriff der Anrechnung definieren, um unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zu vermeiden (BT-Drucks 16/12717, S. 2 u. S. 58). Dass eine entsprechende Regelung für die Sondergebührentatbestände im Sozialrecht fehlt, kann daher nicht als planwidrig angesehen werden.
Überdies fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Sachlagen bei der Anrechnung nach § 15a RVG und bei der Anwendung des Sondergebührentatbestands in Nr. 3103 VV. Es ist zunächst nicht ersichtlich, wie hierbei ein bestimmter Anrechnungsbetrag i.S.d. § 15a Abs. 1 RVG ohne nähere gesetzliche Regelungen bestimmt werden kann. Ferner existiert das bei der Anrechnung nach § 15a RVG bestehende Wahlrecht des Rechtsanwalts bei den Sondergebührentatbeständen im Sozialrecht nicht. Würde man dennoch eine Minderung des Betragsrahmens nach Nr. 3103 VV im Klageverfahren ausschließen und Nr. 3102 VV heranziehen, müsste dies zur Vermeidung von ungerechtfertigen Vorteilen für den Rechtsanwalt andererseits wohl bedeuten, dass für das Vorverfahren Nr. 2401 VV zur Anwendung kommt. Dies ist jedoch mit dem Gesetzeswortlaut nicht zu vereinbaren, wenn es an einer vorausgegangenen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren fehlt. Liegt eine solche Vorbefassung dagegen bereits vor, ist überhaupt kein geeigneter Maßstab zur angemessenen Berücksichtigung des Verschiebens des Gebührentatbestands von Nr. 3103 VV auf Nr. 3102 VV ersichtlich. Im Übrigen würde die Anwendung des Sondergebührentatbestands Nr. 2401 VV im Widerspruchsverfahren statt Nr. 3103 VV im Klageverfahren bedeuten, dass der Rechtsanwalt in der Regel schlechter stünde. Das hieße nämlich: die Mittelgebühr im Klageverfahren erhöht sich von 170,00 EUR (Nr. 3103 VV) auf 250,00 EUR (Nr. 3102 VV), während die Schwellengebühr im Vorverfahren von 240,00 EUR (Nr. 2400 VV) auf 120,00 EUR (Nr. 2401 VV) sinkt.
Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss ist somit nicht zu beanstanden. Die Erinnerung war daher als unbegründet zurückzuweisen.